Crosswater Job Guide
Marktuntersuchung

 

 

 

 

Marktuntersuchung

Nach dem Ende des Internet-Hype unterliegen Jobbörsen wieder den Gesetzen der Old Economy und müssen ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand der Realität stellen. Das birgt Risiken für die schwachen Jobbörsen und Chancen für die Betreiber mit gutem Management. In der Marktuntersuchung stellen wir die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken ("SWOT-Analyse") gegenüber und fassen die aktuelle Lage der Jobbörsen (Stand Mai 2002) in Deutschland und die derzeit erkennbaren Trends zusammen. 

Sie finden folgende inhaltlichen Schwerpunkte:

1. Die aktuelle Lage der Jobbörsen in Deutschland

2. Strategische Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken 

3. Typologie der Jobbörsen

4. Marktkonzentration und Wettbewerbsbeziehungen.

1         Die aktuelle Lage

1.1         Zusammenfassung: Trends und Thesen

  Trends und Thesen
 
  1. Mit dem Rückgang des Anzeigengeschäfts sind Jobbörsen in eine eher normale konjunkturzyklische Abhängigkeit geraten
  2. Der kontinuierliche Nutzer-Zuwachs im Internet erschließt den Jobbörsen neue demoskopische Bevölkerungsgruppen; damit verlagert sich die potentielle Nutzerstruktur von internet-affinen Benutzern und den entsprechenden Berufsgruppen auf zusätzliche,  breiter angelegte Branchen und Berufsgruppen.
  3. Der Trend von langfristig orientierten Beschäftigungsverhältnissen hin zu flexibleren Arbeitsmarktstrukturen bringt eine höhere Nutzungsfrequenz der Jobbörsen, insbesondere im Niedriglohn-Bereich des Dienstleistungssektors.
  4. Die grundlegenden Vorteile der elektronischen Jobbörsen gegenüber den Printmedien bleiben nach wie vor bestehen; die Jobbörsen scheinen den Wettbewerb gegenüber den Printmedien gewonnen zu haben. Diese haben auf die Herausforderung verzögert reagiert, setzen aber durch Medientransformation und Konsolidierungs-Kooperationen eine wichtige Wettbewerbsstrategie bei Stellenanzeigen um.
  5. In global agierenden Branchen und Berufsgruppen bieten Jobbörsen wesentliche Vorteile gegenüber Printmedien.
  6. Die Schwächen der Jobbörsen liegen überwiegend in einer unzureichenden Positionierung bei marginalen Marktanteilen. Jobbörsen mit Spezialisierung auf spezifische Segmente des Beschäftigungsmarktes können ihren Alleinstellungsanspruch jedoch nicht immer durchsetzen.
  7. Full-Service-Karriereportale stehen im Mengen-Wettbewerb mit dem Arbeitsamt als Quasi-Monopolisten und mit Konsolidatoren-Jobbörsen.
  8. Die Marktanteile der Jobbörsen sind ungleichmäßig verteilt. Das Arbeitsamt dominiert mengenmäßig, viele Spezialisten und Nischenanbieter sind unterhalb der kritischen Masse in bezug auf ertragsbringende Stellenanzeigen.
  9. Die derzeitigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Jobbörsen stammen aus den geschäftlichen und überexpansiven Phasen des Internet-Booms. In der derzeitigen Abschwungphase ist eine Gesundschrumpfung durch Reduktion des Fixkostenblocks erforderlich.
  10. Karriere-Portale bereiten sich auf die nächste Innovationsstufe vor und bieten Lösungen zur Prozessintegration bei der Personalbeschaffung an. Mit zunehmender Integration dieser Prozesse können diese Stärken noch weiter akzentuiert werden. Hinderlich hierbei ist jedoch die fehlende Standardisierung der Datenformate und Klassifikationsmerkmale (Branchen- und Berufs-Bezeichnungen, Qualifikations- und Anforderungsprofile)

 

 

1.2         Arbeitsmarktlage im April 2002

Die aktuelle schwache Lage am Arbeitsmarkt ist Spiegelbild der Geschäftslage bei den Jobbörsen in Deutschland. Die Bundesanstalt für Arbeit [BA1] schreibt in ihrem Bericht zur Arbeitsmarktlage im April 2002: „Arbeitsmarkt weiterhin schwach“.

 

„Die Arbeitslosigkeit in Deutschland hat von März auf April im Zuge der üblichen Frühjahrs-Belebung weiter abgenommen. Wichtige Indikatoren deuten darauf hin, daß Deutschland am Beginn eines wirtschaftlichen Aufschwunges steht; aber die anspringende Konjunktur hat sich noch nicht positiv am Arbeitsmarkt ausgewirkt. Bundesweit verringerte sich die Arbeitslosigkeit um 132.000 auf 4.024.100; im Westen um 79.800 auf 2.602.800, im Osten um 52.100 auf 1.421.300. Diese Rückgänge entsprachen weitgehend denen des April 2001. Folglich lag die Arbeitslosigkeit unverändert um 156.100 über dem Stand des Vorjahres, im Westen um 129.200 und im Osten um 26.900.

 

Die Zahl der Erwerbstätigen nahm, nach jüngsten vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes, im Februar um 31.000 auf 38, 18 Mio. ab. Diese Veränderung war ungünstiger als meist in dieser Jahreszeit. Somit lag die Beschäftigung mit –146.000 zunehmend unter dem Vorjahresstand“.

 

   

1.3         Januskopf: Die Lage am Arbeitsmarkt

Trotz Massenarbeitslosigkeit herrscht gleichzeitig ein ernsthafter Mangel an Arbeitskräften in zahlreichen Branchen, wie Jonathan Stearns im „Career Journal from The Wall Street Journal („Germany’s Economy Faces Dual Employment Threat“) [CJ1] erläutert. „The worker-shortage problem reflects deficiencies in the country’s education, training and job-incentive systems as well as insufficient regional mobility by unemployed people“ (Bernhard Schwarzkopf, Arbeitsmarkt-Experte des Deutschen Arbeitgeber-Verbandes). Wie Stearns weiter ausführt, gibt es im Maschinenbau zur Zeit 10.000 unbesetzte Stellen für Ingenieure.

Die Lage am Arbeitsmarkt kann jedoch nicht allein anhand der generellen Situation beurteilt werden, vielmehr ist eine differenzierte Betrachtungsweise erforderlich. Hierbei zeigt sich der Januskopf des Arbeitsmarktes: Einerseits ist die wirtschaftliche Entwicklung und damit der Umfang der Stellenangebote nach wie vor stagnierend, andererseits herrscht in einzelnen Segmenten des Arbeitsmarktes nach wie vor ein Mangel an fachlich qualifizierten Arbeitskräften. (Lehrer, Ingenieure, Gesundheitsbranche usw.).

  Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet am 9. März 2002 [FAZ2]: „Die deutschen Krankenhäuser benötigen viel mehr Geld und Personal als erwartet. 27.000 ärztliche Vollzeitstellen sowie weitere 14.000 Stellen für Verwaltungs- und Pflegekräfte wären nötig, um dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Bereitschaftszeiten nachzukommen... Eines der drängendsten Probleme sei indes der Personalmangel. Nur rund 7500 Ärzte seien derzeit arbeitslos gemeldet, zudem gingen die Studentenzahlen zurück. ... Als Konsequenz daraus müssten nicht nur die Zulassungs-Voraussetzungen für das Medizinstudium gelockert, sondern auch Ärzte aus anderen Ländern angeworben werden. Wir brauchen kurzfristig Personal und daher eine Green Card auch für Ärzte“

   

1.4         Auswirkungen der Arbeitsmarktlage auf Stellenanzeigen

1.4.1        Print-Medien 

Vor dem Hintergrund der nachhaltend schwachen Arbeitsmarktlage und der weiterhin unsicheren Wirtschaftsentwicklung zeichnet sich auch ein genereller Rückgang der Werbe- und Anzeigenausgaben in Print- und Online-Medien ab.

[taz1] taz die tagesanzeige Pfingsten 2002

1.4.2        Elektronische Jobbörsen

Dem gleichen Trend mussten sich die elektronischen Jobbörsen beim Auftragseingang für Stellen-anzeigen unterwerfen. Verzeichneten die Top-50 Jobbörsen im Juli 2001 noch insgesamt über 1.021 Mio. Stellenanzeigen, so ging dieser Wert konjunkturbedingt um 12% auf 0,894 Mio. Stellenanzeigen zurück. 

Christiane Siemann berichtet in ihrem Artikel [FTD1] „Job-Börsen: Keine Stelle unter diesem Klick“ in der Financial Times Deutschland vom 29. Mai 2002 über die Verluste der Karriere-Portale.

 

Unterdessen verschärft sich der Kampf um die Marktanteile bei den Karriereportalen. Kaum ein Anbieter schreibt bislang schwarze Zahlen. Besonders die Großen im Wettbewerb wie Jobpilot, Stepstone und Monster (Tochter der Personalberatung TMP Worldwide) haben durch hohe Ausgaben für Marketing, internationale Expansion, Personal und Technik in den vergangenen Jahren einige Millionen Euro Verluste angehäuft.

Gewiss: Zurzeit verzeichnen die Stellenmarktplätze steigende Besucherzahlen, weil mehr Leute auf Jobsuche sind. Doch die Interessierten stoßen auf deutlich weniger Positionen. Ein Beispiel: Die Zahl der Stellenangebote auf den Seiten von Stepstone Deutschland hat sich innerhalb eines Jahres auf 10.000 halbiert. Einige Player bleiben gelassen. Der Anzeigenrückgang, behauptet Jobware-Geschäftsführer Randolph Vollmer, versetze ihn nicht in Unruhe, denn Fach- und Führungskräfte seien von Nachfrageschwankungen weniger betroffen als andere Arbeitnehmer. Er prophezeit: "Die Rezession wird die anstehende Marktbereinigung nur beschleunigen."  

 

Fortsetzung: 

1. Die aktuelle Lage der Jobbörsen in Deutschland

2. Strategische Analyse: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken 

3. Typologie der Jobbörsen

4. Marktkonzentration und Wettbewerbsbeziehungen.

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