Teil 3:
Im Vergleich mit den Adecco-Turbulenzen
entwickelte sich der Konkurrent Monster Worldwide
geradezu auf der Ideal-Linie.
In den USA hatte TMP worldwide, die
Muttergesellschaft von Monster.com mittlerweile einen
Konzernumbau durchgeführt und hatte die umsatzstärkste
Geschäftseinheit und Marke "Monster" an die Spitze des
Konzerns geführt. Die Erträge stiegen im 1. Quartal
2004 auf 12,4 Mio US-$, im Vergleich mit der
Vorjahresperiode hatte der Konzern noch einen Verlust
von 115.866 US-$ erreicht. Der Umsatz wurde um 11% auf
187.7 Millionen US-$ gesteigert. In den zukünftigen
Monaten will Monster weiterhin in Marketing und
Vertrieb investieren.
Es war also an der Zeit, nicht nur auf dem
Heimatmarkt USA sondern auch in Europa die Weichen auf
ein stärkeres Wachstum zu stellen und eventuell sogar
die Marktführerschaft zu erreichen - wenn nur nicht
die triste Arbeitsmarktlage und das Staatsmonopol der
Bundesagentur für Arbeit die Erfolgsaussichten
dämpften.
Was Branchen-Insider schon lange wie ein Orakel
kolportierten, wurde nun endlich zur Gewissheit:
Monster Worldwide wollte kaufen, Adecco wollte
verkaufen - bei 74,5 Millionen Euro Kaufpreis wurde
man sich einig. Und die PR-Redaktionen von Adecco
fanden schnell die strategische Begründung für den
Verkauf: Jobpilot passe eben strategisch nicht ins
Firmenkonzept. Wer an die Tugenden des fundierten und
strategisch-langfristig angelegten
Unternehmenskonzepts der Schweizer glaubte, sah sich
getäuscht: Jobpilot wurde im Jahre 2002 gekauft und
Anfang 2004 wieder verkauft - eine durchdachte
Strategie und Umsetzung sieht anders aus.
TMP Worldwide, Muttergesellschaft
der global agierenden Jobbörse Monster, hatte schon
mehrere Firmen übernommen und erfolgreich in den
Gesamtkonzern integriert. Letztes Jahr wurde Monster
zur Dachmarke des Konzerns bestimmt, damit wurde die
wichtigste Konzernmarke und umsatzstärkste Division
zum Flagschiff. Monster Worldwide bekam eine
eigenständige rechtliche Struktur und die Aktie wurde
an der Börse notiert.
Und auch nach der europaweiten
Jobpilot-Übernahme setzt Monster Worldwide die
Akquisitions-Strategie konsequent fort: Monster
kündigte die Übernahme des Wettbewerbers JobsAhead.com
in Indien für 9,6 Millionen Dollar an. Dort profitiert
die Online-Stellenvermittlung vor allem in der
boomenden IT- und Telekommunikationsbranche.
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Mutiert Monsters
Maskottchen zum Mandarin-Modell? |
Und in China könnte Monster auch
demnächst aktiv werden, verlautete Monster-Chef Jeff
Taylor in einem Interview mit "The Register" in
Amsterdam an. "Im Juli reise ich nach China. Wir haben
in Asien bereits Niederlassungen in Hong Kong,
Singapore und Indien. Derzeit gibt es nur eine
Handvoll kleinerer Jobbörsen in China, aber keinen
etablierten Marktführer."
Doch der Erfolg der klaren,
aggressiven Marken-Positionierung in den USA läßt sich
nicht ohne weiteres auf europäische, eher traditionell
geprägte Unternehmenskulturen übertragen. Mit der
jetzt offiziell angekündigten Übernahme von Jobpilot
möchte Monster Worldwide nun auch in Europa zum
führenden Karriereportal aufsteigen.
Ein Vergleich der Marktpräsenz
(Tabelle 3) zwischen Jobpilot, Monster und StepStone,
dem verbleibenden unabhängigen europäischen
Karrierenetzwerk, verdeutlicht die Ausgangslage.
Marktpräsenz in
Europa:
Anzahl Stellenanzeigen |
Land |
Jobpilot |
Monster |
StepStone |
StepStone-Kooperations-partner |
Belgien |
304 |
6644 |
5117 |
|
Czechische Republik |
3853 |
83 |
217 |
|
Dänemark |
|
1176 |
1057 |
|
Deutschland |
10993 |
4917 |
5922 |
|
Estland |
|
|
|
220 |
Finnland |
|
304 |
24 |
|
Frankreich |
1132 |
7984 |
756 |
|
Grossbritannien |
82 |
29073 |
|
55702 |
Irland |
|
3698 |
|
|
Italien |
576 |
3422 |
1254 |
|
Lettland |
|
|
|
78 |
Littauen |
|
|
127 |
|
Luxemburg |
|
817 |
|
|
Niederlande |
839 |
8918 |
1633 |
|
Norwegen |
|
285 |
759 |
|
Österreich |
2290 |
|
32 |
|
Polen |
1478 |
|
|
564 |
Portugal |
|
|
154 |
|
Schweden |
|
862 |
638 |
|
Schweiz |
1443 |
1074 |
225 |
|
Slowakei |
|
|
|
231 |
Spanien |
|
4125 |
|
22193 |
Ungarn |
867 |
|
|
181 |
Summe:
Stand 4. Mai 2004 |
23857 |
73382 |
17915 |
79169 |
Zusammenfassung:
Monster übernimmt Jobpilot - Weitere
Konsolidierung erwartet.
Experten überrascht die Übernahme nicht: "Der
Markt musste sich konsolidieren", meinte Christoph
Beck, Professor an der FH Koblenz und Experte für
elektronische Stellenvermittlung. Insgesamt 780
Stellenmärkte gibt es im deutschen Cyberspace.
Beherrscht wird der Markt von den großen Fünf:
Arbeitsamt, Jobpilot, Monster, Stepstone und
Jobscout24. Auf diese Jobbörsen entfallen 80
Prozent aller online geschalteten Stellenanzeigen.
Experte Beck erwartet in der Spitzengruppe weitere
Zusammenschlüsse: "Langfristig können sich nur
zwei bis drei große Anbieter halten". Constantin
Gillies, Die Welt, 24.4.2004
|
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Während sich die Marktpräsenz
nahezu gleichmäßig (StepStone 9%, inklusive
Kooperationsbörsen 50% sowie Monster/Jobpilot 50%)
verteilen, haben die drei großen europäischen
Karrierenetzwerke unterschiedliche Schwerpunkte und
Vertriebskooperationen in den einzelnen Ländern.
Monster profitiert von seiner starken Marktstellung in
Großbritannien, Jobpilot ist in Deutschland mit
Abstand führend. StepStone erreicht aufgrund von
Vertriebskooperationen mit anderen Jobbörsen in
Spanien, Großbritannien und Osteuropa gute
Gesamtzahlen.
Für das Monster-Management ergibt
sich die zentrale Frage: Können die
Jobpilot-Kundenbeziehungen so ohne weiteres auf die
Monster-Plattform übertragen werden und kann das
"neue" Monster die gleichen oder gar bessere Resultate
in der Cyber-Jobvermittlung erzielen als vor der
Übernahme?
Denn das Geschäft mit
Online-Stellenanzeigen gestaltet sich zusehends
schwieriger: Der Schutz durch hohe
Zeitungsanzeigenpreise ist weggefallen, das staatliche
Monopol der Bundesagentur für Arbeit bietet kostenlose
Veröffentlichung von Stellenanzeigen. Das Produkt
„Stellenanzeige“ wird zusehends wie eine "Commodity"
plaziert. Damit steigt die Volatilität der
Kundenbeziehungen stark an: die Dauer ist auf eine
kurze Laufzeit von 4 Wochen Veröffentlichungsfrist
angelegt, wenn keine Rahmenverträge oder
Verlängerungsvereinbarungen abgeschlossen werden. Und
auch die triste Lage am Arbeitsmarkt trägt nicht
gerade zur Euphorie bei.
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Szenarien
einer Übernahme |
Nun kommen auf Monster Worldwide
erhebliche Integrations- und Marketingaufgaben zu. Bei
der Übernahme von Jobpilot durch Monster geht es nicht
nur darum, dass eine kleinere Jobbörse (Monster) den
Quasi-Marktführer Jobpilot übernommen hat. Zusätzlich
zu diesen rein quantitativen Aspekten kommt jedoch
auch qualitative Aspekte hinzu: Branding und
Marktposition.
Jobpilot hat sich als Marktführer
einen Markenwert erarbeitet, der sich nach einem
Verfahren von Future Brand, einer internationalen
Markenberatungsfirma, aufgrund von mehreren Faktoren
ergibt: (1) Bedeutung einer Marke bei der Gewinnung
von Kunden sowie die Schaffung von Loyalität
(Kundenbindung der Arbeitgeber und der Bewerber). (2)
Markenstärke, d.h. die relative Stärke der Marke
"Jobpilot" im Vergleich zu anderen Jobbörsen. Hierzu
werden Größe und Reichweite der Benutzer / Besucher
gezählt. (3) Ein weiterer Faktor ist im allgemeinen
die Finanzstärke einer Marke, d.h. welchen Anteil die
Marke an den Umsatzerlösen hat und welchen Cash-Flow
sie möglicherweise generiert. Hier muss sich Jobpilot
- wie auch alle anderen Jobbörsen - dem ungünstigen
Wettbewerbsumfeld (mit einem steuer- und
gebührenfinanzierten Quasi-Monopolisten Bundesagentur
für Arbeit) und der schlechten konjunkturellen Lage am
Arbeitsmarkt bescheiden geben.
Die
Marktpositionierung von Jobpilot ist letztlich das
Ergebnis verschiedenster Faktoren (z.B.
Zielgruppenorientierung, Branchenorientierung,
regionale Verbreitung, Dienstleistungsportfolio,
Preismodelle, Kundenstruktur und Kundenbindung,
Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, Image bei
Arbeitgebern und Bewerbern u.v.m.). Unter all diesen
Gesichtspunkte hat sich Jobpilot ein anders
strukturiertes Profil am Markt erarbeitet, das sich
von Monsters Profil doch deutlich abgrenzt.
Mit der Übernahme von Jobpilot
muss Monster Worldwide auch strategische
Entscheidungen über die Profilierung und
Positionierung am europäischen und insbesondere am
deutschen Markt treffen. Monster könnte zwei
unterschiedliche Szenarien umsetzen: Erstens könnte
Jobpilot als eine Art „Premium-Jobbörse“ positioniert
werden und Fach- und Führungskräfte als anspruchsvolle
und qualitativ hochwertige Zielgruppe bedienen.
Zweitens könnte Monster alle europäischen
Tochtergesellschaften von Jobpilot einverleiben und
nach einer angemessenen Frist würde die Marke
„Jobpilot“ dann ganz vom Markt verschwinden, wie es
bei der Übernahme der skandinavischen Jobline schon
vorexerziert wurde. Monster würde - so hofft man -
dann nach den USA auch in Europa eine führende
Position einnehmen.
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Davide Villa |
Die bisherigen
Presse-Verlautbarungen deuten darauf hin, daß Monster
Worldwide das zweite Szenario umsetzen möchte: Der
Firmenstandort soll in Bad Homburg konsolidiert
werden, der ehemalige Jobpilot COO Davide Villa -
zunächst neben Deutschland-Manager Christopher Funk
für die Europa-Niederlassungen von Jobpilot zuständig
- wird Geschäftsführer der neuen Einheit und die
IT-Plattformen sollen zusehends harmonisiert und
einheitlich gestaltet werden. Offen ist jedoch,
inwieweit die Jobpilot-Kunden diesen Wechsel ebenfalls
nachvollziehen und in welchem Umfang die neue
zusammengeführte Organisation weiterhin nachhaltig
gute Vermittlungsergebnisse für die Arbeitgeber
sicherstellen kann.
Dabei braucht sich Davide Villa
eigentlich keine großen Gedanken über die vor ihm
liegenden Management-Aufgaben zu machen. Der aus
Bologna (Italien) stammende Manager studierte in der
Schweiz und entwickelte zunächst seit dem Jahr 2000 für Adecco die Jobbörse Ideal.com sowie AdeccoWeb. Nach
der Übernahme von Jobpilot durch Adecco wurde er im
Oktober 2002 als Verantwortlicher für den Sales- und
Geschäftsentwicklungsbereich nach Bad Homburg
geschickt.
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Soviel können Sie
als Superminister verdienen: Christopher Funk
(links) erläutert Minister Clement (rechts) auf
der CeBIT 2003
die Vorteile der Jobpilot-Gehaltsanalyse. |
Dort teilte er sich mit
Christopher Funk, Country Manager Deutschland und
einer der Wegbegleiter von Unternehmensgründer
Metzger, die geographischen Aufgabenbereiche: Villa
verantwortete das Europa-Geschäft, während Christopher
Funk nach wie vor den wichtigsten Jobpilot-Markt
Deutschland betreute. Nach dem Ausscheiden von Dr.
Metzger galt Christopher Funk schlichtweg als "Mr.
Jobpilot" und repräsentierte das Unternehmen nach
innen und außen.
Während der ordnungs- und
wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung mit der
Bundesagentur für Arbeit vertrat er Jobpilot als eine
der vier privatwirtschaftlichen Jobbörsen und bildete
zusammen mit Kai Deininger (Monster), Harald Lenz
(Jobscout24) und Ralf Baumann (StepStone) ein
Gegengewicht zum staatlich-zentralistischen
Vermittlungsansatz der Bundesagentur und des
neugegründeten Virtuellen Arbeitsmarktes.
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Kai Deininger: Von
Wiesbaden nach London als Monster-Europa-Sprecher
Foto: ZDF |
Mit dem plötzlichen Ausscheiden
von Funk hat Davide Villa als neuer CEO nicht nur den
wichtigsten Markt Deutschland in der Verantwortung, er
muß auch als ehemaliger Adecco-Statthalter in Bad
Homburg seine eigene Kompetenz bei Mitarbeitern und
Kunden unter Beweis stellen und sukzessive der Rolle
eines Statthalters entwachsen.
Hinzu kommen die vielfältigen
internen Integrationsaufgaben, um letztlich oft
gegensätzliche Auffassungen in Kundenbeziehungen,
Mitarbeiter-Integration und Verwaltungszusammenlegung
harmonisch zusammenzuführen.
Zumindest in den oft komplexen Außenbeziehungen zu Kunden,
zu Wettbewerbern und der staatlichen
Bundesagentur für Arbeit kann er sich auf die
Argumentationshilfe von Kai Deininger
verlassen.
Der ehemalige Managing Director Monster
Deutschland übernimmt nun in der Europa-Zentrale von
Monster die Aufgaben des "European Head
of B2B Marketing & Corporate Spokesperson" und dürfte
somit als Unternehmenssprecher für Europa die Belange
von Monster dediziert vertreten.
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Auch
Wettbewerber sind aktiv |
Doch auch die Wettbewerber sind
aktiv und zahlreiche Jobbörsen arbeiten
intensiv an einer Neupositionierung und Verfeinerung
ihres Geschäftsmodells zur Stärkung ihres
Wettbewerbsvorteils. Hinzu kommen einige Wechsel in
den Besitzverhältnissen, die neuen Inhaber zeichnen
sich ausnahmslos durch eine grössere Kapitalkraft aus.
Jobware: Verstärkt die
Qualitätsorientierung und Spezialisierung auf Fach-
und Führungskräfte, baut über Kooperationsverträge
ein Zielgruppen-Netzwerk mit spezifischen
Medienpartnern (Ingenieurkarriere, IT-Jobs mit
Heise-Online, Regionalschwerpunkt Süddeutschland mit
der Süddeutschen Zeitung, der Stuttgarter Zeitung
oder der Rheinpfalz-Zeitung) auf.
Stellenanzeigen.de: Mit dem Einstieg
der WAZ-Zeitungsgruppe positioniert sich die
Münchner Stellenbörse verstärkt als
Multi-Medien-Jobbörse und integriert die
Stellenanzeigen der zur WAZ-Gruppe gehörenden
Printmedien.
Jobscout24: Die Übernahme der
Scout24-Gruppe (Automobile, Immobilien, Jobs,
Partnervermittlung) durch T-Online ist Teil einer
Strategie, T-Online zu einem Multi-Markt-Portal
auszubauen.
Stellenmarkt.de: Der Ausbau
zum Full-Service-Personaldienstleister ist in vollem
Gange, die Ergänzung des Dienstleistungsangebots
durch Stellensuchmaschine („Joboter“) und klassische
Personalberatung ist eingeleitet.
Jobsintown: Nach erfolgreichem
Management-Buy-Out wird Jobsintown zu einem
Full-Service-Personaldienstleister positioniert mit
besonderen Dienstleistungen als Media-Agentur.
Jobs.de: Verfolgt die Positionierung
als Software-Technologie-Franchise-Unternehmen,
Vorbereitung von regionalen Jobbörsen-Plattformen
bis zur Marktreife.
StepStone: Verfolgt konsequent die
strategische Ergänzung der
klassischen Online-Stellenbörse als Anbieter von
e-Recruiting-Technologie-Lösungen und forciert den
Ausbau der Medien-Kooperationen.
Worldwidejob: Nach der Übernahme von
Worldwidejob durch Dr. Roland Metzger wurde der
Firmensitz von Hamburg nach Frankfurt/M verlegt. Das
ursprüngliche Geschäftsmodell als Multiplikator,
d.h. die Bereitstellung von Stellenanzeigen von
Arbeitgebern, die durch Suchmaschinen im Web
ermittelt wurden, soll ergänzt werden. In der
Entwicklung sind neue, innovative Produkte für das
e-HR-Management.
Bundesagentur für Arbeit: Die
Betriebsaufnahme des Virtuellen Arbeitsmarktes
vollzog sich vor dem Hintergrund einer intensiven
öffentlichen Diskussion über die hohen
Entwicklungskosten. Die Umsetzung des Gesamtkonzepts
mit Einbezug aller Arbeitsmarktteilnehmer leidet
noch unter Kinderkrankheiten und handwerklichen
Problemen der Stellen- und Bewerber-Datenbank.
Ungeklärt ist weiterhin wie die Kooperation mit den
privaten kommerziellen Jobbörsen gestaltet werden
könnte.
weiter zu Teil 4:
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