Crosswater Job Guide
Markt+Meinung

 

 

 

 

Aus dem Inhalt

Die Übernahme des  Marktführer
(>>>Teil 1)
Die Chronik eines angekündigten Todes
(>>>Teil 2)
Monster auf Idealkurs
(>>>Teil 3)
Neue Messlatten für Personalchefs
(>>>Teil 4)

 

Die Übernahme von Jobpilot durch Monster Worldwide bringt den Markt der Jobbörsen in Deutschland in Bewegung.  Während Adecco mit hausgemachten Problemen an allen Fronten kämpft, baut Monster Worldwide sein globales Karriere-Netz konsequent aus. Personaler müssen umdenken.

1. Juni 2004. Eigentlich könnte es eine der üblichen Firmenübernahmen sein, die in Corporate City alltäglich sind: Ein Wettbewerber übernimmt den anderen, die Pressemitteilungen begründen diesen Schritt als strategisch fundierte Entscheidung, die Kunden sind zufrieden und die verbleibenden Wettbewerber sehen endlich ihre Chancen gekommen, die Besonderheiten ihres Service-Angebots herauszustellen. Und endlich bekämen die vielen Branchenexperten nachträglich recht, hatten sie doch schon vor Jahren die längst überfällige Konsolidierung des fragmentierten Markts der Jobbörsen-Anbieter vorausgesagt.

Dr. Roland Metzger

 

Marktführer

Dabei hatte es alles so märchenhaft für die Jobpiloten in Bad Homburg begonnen: Unternehmensgründer und Pionier Dr. Roland Metzger erkannte frühzeitig den Internet-Zug und sprang auf, gründete 1995 Jobs & Adverts in Oberursel, wurde Marktführer, kapitalisierte die Ideen und die Initiative seiner Mitarbeiter mit einem einträglichen Börsengang als umfirmierte Jobpilot AG.

Die Wertschöpfung von Jobpilot AG konnte seit der Gründung im Jahre 1995 kontinuierlich gesteigert werden.

Das Gründungskapital betrug zunächst 12,9 Millionen Euro, im Jahr 1999 wurde eine Kapitalerhöhung in Höhe von 5.6 Mio. Euro zur Finanzierung der Akquisition der englischen Software-Entwicklungsfirma Virtual Village Ltd. durchgeführt.

Dann wurde kontinuierlich aus den erzielten Gewinnen eine Kapital-Rücklage auf die hohe Kante gelegt, so kamen im Verlauf der Boom-Jahre immerhin 64 Millionen Euro in die Bilanz.

Abbildung 1: Jobpilot Kapitaltransaktionen 1995 - 2004.

Abflug der Jobpiloten

Thorsten Abs

 

Christopher Funk

 

 

Oliver Knoch

 

 

Holger Lietz

 

 

Stephan Lindenfeld

 

 

Dr. Roland Metzger

 

 

Rebecca Polley

 

 

Marcus Reif

 

 

Lothar Risch

 

 

Pierre T. Schramm

 

 

Dr. Felix Weber

 

Der Börsengang im Jahre 2000 erzielte entsprechend dem damalig vorherrschenden Internet Hype einen Emissionswert von 127 Mio. Euro, damit war dann auch der höchste Punkt in der Firmenbewertung erreicht. Im Jahr 2002 später verkaufte Dr. Metzger die Firma an Adecco zu einem Verkaufserlös von knapp 30 Millionen Euro, Adecco wiederum verkaufte dann Jobpilot im Jahr 2004 zum Preis von 74,5 Mio. Euro (in etwa das 2.6fache des Jahresumsatzes) an Monster Worldwide.

 

Abflug der Jobpiloten

Gegenläufig zu dieser doch eindrucksvollen Wertschöpfung entwickelte sich die Personalseite von Jobpilot. So wurde nicht nur der Gesamtpersonalbestand von über 400 Mitarbeitern in den Boom-Zeiten auf  137 Mitarbeiter abgebaut - gleichzeitig haben eine Reihe von Führungskräften aus den verschiedensten Gründen dem Unternehmen den Rücken gekehrt.

Nach der Übernahme durch Adecco galt Jobpilot in der Adecco-Firmenhierarchie als e-Recruiting-Division, doch als einst stolzer und erfolgreicher "First Mover" und Marktführer der Jobbörsen in Deutschland musste sich die Jobpilot-Division in der Umsatz- und Ertrags-Rangliste des Adecco-Konzerns ganz am Ende einreihen.

Als einer der globalen Marktführer kannte sich Adecco im Personaldienstleistungsmarkt aus und hatte auch schon erste eigene Erfahrungen im e-Recruiting-Geschäft gesammelt. Jobpilot war eine willkommene Ergänzung zum klassischen Vermittlungsgeschäft. Endlich war die Vision von "Bricks & Clicks" erfüllt, man konnte das Geschäft der Personalvermittlung nun online und offline bedienen. Aus Freude über die gute Jobpilot-Aquisition schalteten die Adecco-Leute die kurz zuvor entwickelte Jobbörse Ideal-Job kurzerhand ab und transferierten Besucher und Jobs auf die Jobpilot-Webseite.

Die Übernahme von Jobpilot lief nach dem klassischen Muster vieler anderer Übernahmen ab: Führungskräfte schieden aus, Manager aus der Adecco-Zentrale in der Schweiz bekamen Statthalter-Aufgaben in Bad Homburg zugewiesen - die Kunden waren nach wie vor zufrieden und hielten Jobpilot die Treue. Die Marktführerschaft wurde trotz starker Konkurrenz anderer Jobbörsen und dem Staatsbetrieb Arbeitsagentur erfolgreich verteidigt.

Seit langem galt Jobpilot quasi als "Platzhirsch" unter den zahlreichen Wettbewerbern. In nahezu allen Belangen konnte Jobpilot im Reigen der Konkurrenten punkten: Anzahl Stellenanzeigen, Branchendurchdringung, große Bandbreite bei den Berufen und Tätigkeiten, hohe Online-Popularität, umfassende Funktionalitäten und Service-Angebot, vertreten in 11 Ländern Europas – eigentlich ein Traum jedes Marketing-Chefs. Doch die Jobpilot-Story erinnert zusehends an den tragischen Ikarus-Höhenflug der griechischen Mythologie.

Adecco besetzte mit Felix Weber und Davide Villa Schlüsselpositionen im Jobpilot-Management, aber der Gesamtkonzern konnte nie die erhofften Synergie-Effekte realisieren, Jobpilot lieferte als e-HR-Division des Adecco-Konzerns weniger als 2% des Gesamtumsatzes und hinkte damit dem umsatz- und ertragsstarken klassischen Personalvermittlergeschäft hinterher.

Die offizielle Begründung, weshalb Adecco nach nur einem Jahr den strategisch angelegten Kauf von Jobpilot revidierte, klingt nach den Worten von CEO Jérôme Caille wenig plausibel: „Wir kauften seinerzeit Jobpilot, um unsere eigenen Personaldienstleistungen zu ergänzen. Als sich das Geschäftsmodell aber zunehmend in Richtung interaktive Dienstleistungen zu entwickeln begann, entschieden wir uns, das Online-Geschäft zu verkaufen.“  Doch nach wie vor ziert eine andere Vision die Adecco-Konzern-Webseite: "Adecco's Global Advantage: People, Bricks and Clicks".

Adecco-Konzern: Hart am Wind.
Foto: Bob Escoffier

Das Adecco-Konzern-Management segelt in fatalistischer Weise hart am Wind und schlitterte in eine selbstverschuldete Finanz-, Kommunikations- und Glaubwürdigkeitskrise. Im Januar 2004 meldete die Adecco-PR-Abteilung in naiver Verkennung der Marktreaktion eine Verzögerung bei der Vorlage der Bilanz. Sofort witterte die hochgradig sensible Banken- und Finanzwelt eine Fortsetzung der unendlichen Skandalgeschichten, die mit den Bilanz- und Betrugsaffären um Enron, Flowtex oder Parmalat nur skizzenhaft beschrieben sind.

Der Börsenkurs der Adecco-Aktie stürzte senkrecht ab wie im freien Fall eines Bergsteigers von der Eiger-Nordwand: Die Aktie verlor am Handelstag nach der Ankündigung der verzögerten Bilanzvorlage nahezu 50%, erholte sich kurz darauf etwas und blieb fortan ein Spielball für Spekulanten. Die schöne heile Welt der langfristig durchdachten Firmenpolitik brach nahezu zusammen.

Finanzchef Dr. Felix Weber, mittlerweile in Personalunion in der Jobpilot-Geschäftsführung in Bad Homburg tätig, musste ganz schnell seinen Hut nehmen, ebenso der für die USA-Region verantwortliche Julio Arrieta. Mittlerweile wurde die Vorlage der Bilanz ein weiteres Mal verschoben, die Bankenwelt und ihre Wertpapier-Analysten waren "not amused".

 

Der amerikanische Patient

Der Bergbau-Ingenieur Julio Arrieta begann seine Karriere bei Adecco Spanien, später war er in Chile als Country Manager verantwortlich.

Kurz darauf übernahm er die Führung des operativen Geschäfts in den USA mit 1500 Verkaufsstellen in allen 50 US-Bundestaaten sowie in Canada, Mexico und Puerto Rico.

Julio Arieta, Adecco USA. Foto: Recruiter Magazine

Das Nord-Amerika-Geschäft von Adecco wurde im März 2000 entscheidend durch den Merger mit Olsten geprägt: Zu einem Preis von 1.55 Milliarden US-$ wurde der Spezialist für allgemeines Zeitarbeits- und IT-Personal in den Konzern integriert.

In der Folge dieses Mergers wurden Restrukurierungskosten in Höhe von 129 Mio Sfr. für die notwendigen Post-Merger-Aktivitäten geplant.

So reduzierte Adecco in Nordamerika die Anzahl der Mitarbeiter um 700, hauptsächlich in Administration und Verkauf/Marketing.

Aber das Nord-Amerika-Geschäft lief nicht so positiv - zumindest nicht im Vergleich mit den Umsatzerlösen in den anderen globalen Regionen.

Die Finanzwelt blickte verwundert auf Adecco und die langwierigen Versuche, die Buchhaltungsprobleme in den USA in den Griff zu bekommen. Der Chef des Verwaltungsrats und ehemalige CEO John Bowmer wurde aktiv und kümmerte sich als Leiter einer Arbeitsgruppe mit der Lösung der Zahlen-Probleme.

Adecco führte aus, dass die Probleme der US-Tochtergesellschaft mit Computersicherheit, Lohnabrechnungen, Fakturierungen sowie Umsatzverbuchungen zu tun hätten, ausserdem fehle eine systematische Dokumentation der vereinbarten Honorar-Sätze und Stunden der Zeitarbeitsbeschäftigten. Oder verbargen sich dahinter noch viel grössere Probleme?

Aus dem Inhalt

Die Übernahme des  Marktführer
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Die Chronik eines angekündigten Todes
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zum Teil 2: