Crosswater Job Guide
Marktübersicht

 

 

 

 
Die Deutsche Job AG wird vernetzt -  Der neue Virtuelle Arbeitsmarkt.
Arbeitsamt und private kommerzielle Jobbörsen auf dem schwierigen Weg zwischen Konfrontation und Kooperation

>>>zurück zum ersten Teil

Teil 4: Im Konflikt mit kommerziellen Jobbörsen: Liberalisierung oder Markt-Monopol

Die angestrebte Lösung der Beteiligung aller Arbeitsmarktpartner ist sicherlich eine wegweisende Vision. Allerdings müssen für den Bereich der privatwirtschaftlichen Jobbörsen noch Kooperationsmodelle entwickelt werden, um den Zielkonflikt des Virtuellen Arbeitsmarkts zu lösen. Dieser geht nämlich davon aus, dass alle Arbeitsmarkt-Partner ihre Stellenanzeigen und Bewerber in einem deutschlandweiten Job- und Bewerber-Clearing-Pool einbringen - denn dann kann bei automatischen Profil-Match-Verfahren auf die größtmögliche Datenmenge zurückgegriffen werden und die Wahrscheinlichkeit der Treffer erhöht sich damit.

Das Modell "Deutsche Job ArGe"

In den Ausschreibungsbedingungen zum Virtuellen Arbeitsmarkt mussten alle Anbieter Vorschläge zu einem Geschäftsmodell machen. Hierzu führt die "Verdingungsunterlage für das Projekt Der Virtuelle Arbeitsmarkt der Bundesanstalt für Arbeit" [27] (Seite 39) aus:

"Die Job-Clearing bzw. die Bewerber-Clearing-Datenbank sind die künftigen zentralen Anlaufstellen für alle Kundengruppen, wenn es um die Suche nach Stellen- und Bewerberangeboten geht. Dazu ist es notwendig, möglichst viele Datenquellen einzubinden. Bitte führen Sie Ihr Konzept ausführlich und insbesondere unter folgenden Aspekten aus:

Konzeption zur Schaffung und Marktdurchdringung von HR-XML-Standards

  1. Welche Arbeits-/Ausbildungsmarktpartner sollen in welcher Reihenfolge eingebunden werden?

  2. Mit welchem Geschäftsmodell sollen insbesondere kommerzielle Job-Börsen zur Teilnahme an den Clearing-Datenbanken bewegt werden?

  3. Wie sieht der dazugehörige Datenflussplan aus? [27]

Heterogenität oder Das Modell "Zitrone / Rosine"

Dieses Modell könnte entstehen, wenn es zu keiner Übereinstimmung der Interessenlagen kommt und die zahlreichen kommerziellen Jobbörsen nach wir vor ihre eigenen Stellen- und Bewerber-Datenbanken betreiben und keine Informationen mit dem VAM austauschen. Die arbeitsmarktpolitische Erfahrung hat gezeigt, dass es hierbei zu einem getrennten "Markt für Zitronen" und "Markt für Rosinen" kommen kann. Zu diesem Aspekt schreibt Regina Konle-Seidl im IAB-Werkstattbericht:

"Hintergrund hierfür ist, dass asymmetrische Informationen zugunsten des Anbieters (Agentur) und zulasten des Nachfragers (Kunde) vorherrschen. Besitzt eine Marktseite einen Informationsvorsprung und damit einen strategischen Vorteil, können sich Märkte herausbilden, in denen sich schlechte Leistungen lohnen. Es kann zu Marktversagen kommen. Akerlof [26] nennt für die Herausbildung eines solchen "Marktes für Zitronen" zwei Bedingungen: Erstens muss es sich um Erfahrungsgüter handeln, deren Qualität erst nach dem Kauf beurteilt werden kann. Die zweite Voraussetzung ist, dass der Käufer nicht in der Lage ist, den Anbieter für seine schlechte Qualität individuell durch "Abwanderung" zu bestrafen. Auch für Personaldienstleistungen wie die Arbeitsvermittlung gelten die Akerlof-Bedingungen. Für die Marktteilnehmer geht es darum, Kontraktpartner zu finden, deren Information und Versprechen sie vertrauen können. Bei der Suche können Arbeitsvermittler eine Filterfunktion für Arbeitgeber und Arbeitssuchende übernehmen. Sie können ihrerseits versprechen, Marktteilnehmer zusammenzuführen, bei denen die wechselseitigen Erwartungen an Arbeitsleistungen bzw. Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten möglichst weitgehend übereinstimmen. Die Einhaltung dieses Versprechens, also letztlich die Qualität der Arbeitsvermittlung, lässt sich aber deshalb erst im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses beurteilen. Wegen des Erfahrungsgutcharakters der Vermittlungsdienstleistung hängt ihre Qualität also davon ab, ob das Vertrauen der Marktteilnehmer in den Vermittler gerechtfertigt ist." [4]

Zentraler Bewerbungspool bei kommerziellen Jobbörsen

Als konzeptionelle Antwort auf den VAM könnten kommerzielle Jobbörsen natürlich auch ein Modell entwickeln und ausbauen, das auf einem gemeinsamen Bewerberpool der kommerziellen Jobbörsen basiert - selbstverständlich nur mit Einverständnis der Bewerber. Lebensläufe von Bewerbern werden in der Regel passiv akquiriert, der an einer Arbeitsvermittlung interessierte Kandidat erfasst seine Lebenslaufdaten und Gesuchsprofile in der Datenbank der Jobbörse. Diese Dienstleistung ist im allgemeinen kostenlos und für die Jobbörsen fallen mit Ausnahme des IT-Systembetriebs keine gesonderten Kosten an. Eine Zusammenführung der Bewerberdaten durch die Jobbörsen in einem Pool würde die Matchingprozesse und die Treffer-Wahrscheinlichkeit verbessern und so eine bessere Markttransparenz zumindest auf der Bewerberseite erzielen. Dieses Modell wird beispielsweise von JobStairs umgesetzt. Von der regionalen Jobbörse "Bewerberpool" in Köln und vom dänischen Softwarespezialisten MatchWork werden ähnliche Lösungen angeboten. Mit XL-Jobs.de steht für regionale und berufsgruppen-spezifische Jobbörsen eine Pool-Lösung für Stellenanzeigen zur Verfügung.

Transfer-Modell von VAM zu den Privaten Jobbörsen

Bereits heute gibt es Lösungen, bei denen die Angebote des Arbeitsamts an andere privatwirtschaftliche Jobvermittler weitergegeben werden.

Per Handschlag: Dieter Wagon (BA, links) und Dr. Manfred Stegger (Foto: allesklar.de)  

So stellt das vom Betreiber Allesklar in Siegburg betriebene Regional-Portal meinestadt.de alle Stellenangebote des Arbeitsamts gegliedert nach den fast 14000 Städten und Gemeinden der Republik zur Verfügung.

Außerdem hat das Regional-Portal die rund 6000 Stellenbezeichnungen des Arbeitsamts in rund 1000 Berufsfelder verdichtet, so dass der Arbeitsuchende einfach mit Stichwortsuche oder dem Namen des potentiellen Arbeitgebers fündig werden kann.

So ergibt beispielsweise die Suche nach Stellenangeboten für "Controller" in Deutschlands Musterstadt Buxtehude insgesamt 9 Angebote. Auf der Ergebnisliste sind darunter jedoch auch Vakanzen für einen "Food & Beverage Manager" in einem englischen 5-Sterne-Hotel und eine weitere ähnliche Position in einem Hotel in Bayern zu finden - ein fast schon klassisches Beispiel für Datenmüll nach dem GIGO-Effekt (garbage-in / garbage-out).

Jede Nacht erhält die Betreibergesellschaft etwa 30.000 Aktualisierungen aus dem Stellen-Informations-System (SIS) des Arbeitsamts, diese stehen dann Arbeitssuchenden regional gegliedert aktuell zur Verfügung. Dieser unentgeltliche Service, der von der Bundesanstalt für Arbeit in Form einer Public Private Partnership vollzogen wird, dürfte bei den fast 50 privatwirtschaftlichen regionalen Jobbörsen keine großen Begeisterungsstürme ausgelöst haben.

Eine weitere Partnerschaft der öffentlich-rechtliche Behörde mit der privatwirtschaftlichen Personalvermittlung ist die BA mit dem Portal Rekruter.de eingegangen, das von den Berliner FM-Studios betrieben wird. Rund 180 000 deutschland- und europaweite Stellenangebote können recherchiert werden. Die Datenbasis war bislang nur über den in die Jahre gekommene Stellen-Informations-Service (SIS) auf der Homepage der Arbeitsämter zu erreichen.

Auf Rekruter.de sind ebenfalls direkt und kostenfrei geschaltete Vakanzen von Personalabeilungen und -dienstleistern zu finden. Im Unterschied zum SIS bietet Rekruter.de vereinfachte und erweiterte Suchfunktionen wie zum Beispiel die Volltextsuche, die Suche nach einer bis zu fünfstelligen Postleitzahl oder der Art der Anstellung wie Voll- oder Teilzeitarbeit an. Dies erleichtert es dem Arbeitssuchenden, nicht nur exakt passende Stellenangebote aus dem gesamten Bundesgebiet zu identifizieren, sondern auch Vakanzen aus dem europäischen Ausland. Die Datenbasis von über 180 000 Einträgen wird täglich mit den Datenbanken des Arbeitsamtes abgeglichen und aktualisiert. So werden regelmäßig bis zu 10 000 neue Stellenangebote in den Dienst von Rekruter.de aufgenommen.

Nach neuen Maßgaben der BA sollen Dritte eingebunden werden, um Ausgleichsprozesse am Arbeitsmarkt zu unterstützen und zu beschleunigen. Dies ist in der Kooperation mit Rekruter.de der Fall. "Wir wollen als Web-Entwickler unserer Beitrag zur Vermittlung von Arbeitssuchenden leisten", sagt Dr. Felix Mühlberg, Geschäftsführer der FM-Studios, die Rekruter.de betreiben. Das Berliner Unternehmen plant zudem, den Mitarbeitern der Arbeitsämter Software zur Verwaltung eingehender Bewerbungen kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Fazit #4: Die beabsichtigte Einbindung aller Arbeitsmarktpartner soll zu einem ideal-typischen deutschlandweiten Job-/Bewerber-Datenpool führen, der höchste Trefferquoten durch automatisches Profiling und Matching erzielen soll. Diesem Modell der "Deutsche Job ArGe" stehen alternative, Differenzierungs- und Wettbewerbs-Modelle entgegen.

Teil 5: Im Haifischbecken des Wettbewerbs

Harald Lenz (Jobscout24)  

Die Pläne der BA haben Unruhe geschürt und einige der privaten Jobbörsen haben in selten gesehener Einigkeit ihre PR-Agenturen beauftragt, in einer ersten gemeinsamen Pressemitteilung die rhetorische Argumentation vorzubereiten.

Drei Monate nach Vorstellung des aktuellen Projektes "Der virtuelle Arbeitsmarkt" durch die Bundesanstalt für Arbeit warten die Jobportale  noch auf ein greifbares Kooperationsmodell für eine effiziente Zusammenarbeit.

Zum aktuellen Zeitpunkt hat die Behörde allerdings noch kein tragfähiges Modell für die Jobbörsen vorgelegt. "In den ersten Gesprächen blieben viele Fragen offen", beschreibt Harald Lenz, CEO bei JobScout24 den derzeitigen Stand der Verhandlungen. Betreiber von Jobscout24 ist die zur Bleisheim/Metro-Gruppe gehörende BSH-Holding.

Ralf Baumann (StepStone)  

"Der positive Grundgedanke dieses Projektes wird von den vier großen Jobbörsen geteilt. Allerdings fehlen uns noch umsetzbare Lösungen", meint Ralf Baumann, Managing Director von StepStone. Die in Oslo (Norwegen) börsennotierte Muttergesellschaft hat ein umfassendes Karriereportal-Netzwerk in Europa aufgebaut und kooperiert mit Partner-Jobbörsen in Großbritannien, Spanien sowie Mittel- und Osteuropa.

Seiner Meinung nach stellt unter anderem die Zielgruppe ein Problem dar: Während das Arbeitsamt den Auftrag hat, freie Stellen an Arbeitslose zu vermitteln, bringen Jobbörsen in der Regel Unternehmen mit Kandidaten zusammen, die an einem Jobwechsel als Karriereschritt interessiert sind. Darüber hinaus sehen die Jobbörsen eine Gefahr in der Stellenpublikation.

Durch den öffentlichen Auftrag der Arbeitsvermittlung steht das Angebot vom Arbeitsamt allen Unternehmen kostenlos zur Verfügung. Die kommerziellen Jobportale hingegen generieren ihre Umsätze ebenso wie Verlage mit der Anzeigenschaltung - etwa 80 Prozent der Umsätze im Online-Bereich gehen aktuell von vier großen Online-Unternehmen aus.

Insgesamt erwirtschaftete die Online-Kategorie im vergangenen Jahr zwischen 20 und 30 Prozent des gesamten Anzeigenumsatzes im Bereich Stellenmärkte, weshalb auch dieser Punkt in der Integration der etablierten Online-Stellenmärkte Fragen aufwirft.

Kai Deininger (Monster.de)  

Kai Deininger, Geschäftsführer von Monster Deutschland, erläutert die volkswirtschaftliche Bedeutung der anstehenden Entscheidungen:

 "Um den Arbeitsmarkt in Deutschland zu beleben, brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Privatwirtschaft.

Die privaten Stellenbörsen haben eine Schlüsselrolle dabei gespielt, das Potenzial des Internets für die Stellen- und Kandidatensuche zu nutzen. Es wäre fatal für den Arbeitsmarkt, wenn staatliche Eingriffe diese positive Entwicklung behinderten statt sie zu fördern." Monster Deutschland ist Teil des weltgrössten Karrierenetzwerks und gehört zum New Yorker TMP-Konzern. In der Folge der jüngsten Reorganisationsmaßnahmen hat der Konzern die Marke "Monster" aufgewertet und das Karrierenetzwerk zu einer separaten börsennotierten Tochtergesellschaft umgewandelt.

Christoph Funk (jobpilot)  

In kommenden Gesprächen möchten die Jobboards offene Fragen zufriedenstellend klären. Klar drückt Christopher Funk, Country Manager Deutschland der jobpilot AG, die Interessen aller kommerzieller Jobbörsen aus:

"Wir wünschen uns von der Bundesanstalt für Arbeit ein aufklärendes Gespräch zur Lösung dieser Diskrepanzen und einen Vorschlag für ein tragbares Kooperationsmodell. Es kann nicht angehen, dass ein funktionierender und etablierter Markt durch den Staat in Gefahr gerät."

Jobpilot wurde von Dr. Metzger und Christopher Funk in Oberursel am Taunus gegründet und gilt als einer der Pioniere diese Branche. Nach der erfolgreichen Börsennotierung in Frankfurt ist Dr. Metzger vor mehr als einem Jahr aus dem Unternehmen ausgeschieden und die in der Schweiz domizilierte Adecco SA hat das Unternehmen übernommen. 

Dr. Randolph Vollmer (Jobware)  

Im Reigen der kommerziellen Jobbörsen sind mit Stellenanzeigen.de und Jobware auch zwei Unternehmen vertreten, deren Eignerstrukturen Konzerne der Print-Medien enthalten.  Beim Paderborner Jobportal Jobware ist die Medien-Union aus Ludwigshafen beteiligt.

Mit ihrer Kapitalbeteilung an der Süddeutschen Zeitung verfügt die Medien-Union mit dem Jobcenter der Süddeutschen Zeitung und Jobware über zwei Töchter im Markt der Jobportale.

 

Michael
Weideneder Stellenanzeigen.de
 

An der Münchner Jobbörse stellenanzeigen.de sind die WAZ-Mediengruppe, die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und die Verlagsgruppe Ippen beteiligt.

Diese drei Verlagsgruppen betreiben insgesamt 21 Tageszeitungen in Deutschland, die alle mit stellenanzeigen.de gemeinsame Print-Online-Produkte vertreiben.

Einer öffentlichen Stellungnahme zu den Plänen der BA - und das ist vermutlich kein Zufall - haben sich die beiden Unternehmen Jobware  und Stellenanzeigen.de, sonst keineswegs zögerlich, bisher enthalten.

Die einzelnen Argumente könnten im Sinne einer Debatte über die liberale Wirtschaftsordnung nicht griffiger gegenübergestellt werden:

 >  Quasi-Monopol gegen privatwirtschaftliche Unternehmen

 >  Kostenlose, durch Steuergelder finanzierte Dienstleistungen gegen Dienstleistungen, deren Preise im Marktwettbewerb entschieden werden

 >  Staatliche Dominanz eines Marktes, der von privatwirtschaftlichen Pionier-Unternehmen erschlossen wurde

Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Argumentation pro oder kontra "Virtueller Arbeitsmarkt" als ein Kreislauf von Argumenten die sich aus der unterschiedlichen Interessenlage der Beteiligten ergibt:

 1.  Die Bundesanstalt für Arbeit muss den gesetzlichen Auftrag zur Vermittlung der Arbeitslosen erfüllen.

 2.  Moderne Verfahren, Prozesse und Systeme erleichtern die Vermittlung von arbeitslosen Stellensuchenden mit den verfügbaren offenen Stellen.

 3.  Die dadurch geschaffene bessere Transparenz unterstützt die Beschleunigung des Vermittlungsprozesses und ermöglicht erhebliche Einsparungen bei der Arbeitslosenunterstützung.

 4.  Je mehr Marktpartner am "Virtuellen Arbeitsmarkt" teilnehmen, umso größer ist die Datenbasis der offenen Stellen und umso wahrscheinlicher ist die Passgenauigkeit der Vermittlung.

 5.  Eine kostenlose Weitergabe der von den Jobbörsen akquirierten Stellenanzeigen untergräbt das Geschäftsmodell der Jobbörsen, denn Arbeitgeber könnten sich bei der Suche nach Mitarbeitern den "Umweg" über die privaten Jobbörsen sparen und direkt im "Virtuellen Arbeitsmarkt" nach geeigneten Kandidaten suchen oder Stellenanzeigen dort sogar kostenlos platzieren.

 6.  Würde die Bundesanstalt für Arbeit für die Übernahme von Stellenanzeigen anderer Marktpartner einen marktgerechten Preis bezahlen, würde vermutlich die Menge der Stellenzeigen zurückgehen, weil plötzlich der erwartete Vermittlungserfolg und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen einem Wettbewerb ausgesetzt wäre.

 7.  Ein Rückgang der im "Virtuellen Arbeitsmarkt" angemeldeten offenen Stellen würde aber den gesetzlichen Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit behindern und die geforderte Markttransparenz ad acta legen. Damit wäre der Anfang der Argumentationskette wieder erreicht.

Florian Gerster (BA)  

Nun können sich die kommerziellen Jobbörsen der Forderung, dass die Bekämpfung Arbeitslosigkeit eine gesellschaftlich-volkswirtschaftliche Aufgabe aller Beteiligten sei, nicht auf Dauer entziehen. Schnell würden diese an den Pranger der negativen Publicity gestellt.

Arbeitsplätze - eine Aufgabe aller.
"
Soll Vollbeschäftigung mehr sein als eine unverbindliche Wunschvorstellung, muss den revolutionären Veränderungen der Bevölkerungsstruktur sowie des Wissens- und Kapitalstocks ernsthaft Rechnung getragen werden. Davon kann bislang keine Rede sein. Die Politik begnügt sich mit Aktionen, die immer nur punktuell und kurzfristig wirken. Im Übrigen hofft sie, dass hohe Wachstumsraten irgendwann das Beschäftigungsproblem lösen werden.
Diese Hoffnung ist vergeblich. Ihre fehlt jede Grundlage. Sie ist wie das Warten auf Godot - er kommt nie. Schon der gedankliche Ansatz ist falsch. Arbeit entsteht nicht durch Wachstum, sondern Wachstum durch Arbeits. Das ist zahllose Male festgestellt worden, hat aber im öffentlichen Bewusstsein kaum Spuren hinterlassen. Die Bevölkerung hängt gläubig an der Vorstellung: ohne Wachstum keine zusätzlichen Arbeitsplätze. Das Hoffen auf Wachstum ist so zu einer Ersatzhandlung, zu einem Alibi geworden. Das enthebt Politik und Öffentlichkeit der Aufgabe, das eigentlich Gebotene zu tun."

Meinhard Miegel: Die deformierte Gesellschaft - Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen. [31]

Es ist eher zu erwarten, dass in einem Kooperationsmodell letztlich der Kunde als Auftraggeber einer Stellenanzeige entscheiden soll, ob diese nur bei einer oder mehreren Jobbörsen platziert wird oder ob diese auch an den "Virtuellen Arbeitsmarkt" weiter gegeben werden soll. Dieses "Cross-Posting"-Verfahren oder Mehrfachplatzierung überlässt also dem Kunden die Entscheidung, wo Stellenanzeigen platziert werden und damit werden auch die Wettbewerbselemtente Zielgruppe, Vermittlungserfolg oder indirekt auch "Employer Branding" wieder in die Waagschale geworfen. Ähnliches gilt für Stellensuchende.

Die erfolgreiche Umsetzung des "Virtuellen Arbeitsmarktes" bedingt, dass die Bundesanstalt für Arbeit nahezu alle Marktteilnehmer von dem Konzept überzeugt und letztlich für die tagtägliche Zusammenarbeit beim Transfer der Stellenanzeigen gewinnen kann.

Frank-J. Weise (BA)  

Für die notwendige Überzeugungsarbeit kann die Bundesanstalt für Arbeit aus einem 20 Millionen Euro großen Topf schöpfen, der in ihrem  Finanzhaushalt für Öffentlichkeitsarbeit reserviert wurde.

Mit der Unterstützung beim Werbetrommeln auf den regionalen Jobmessen haben die Nürnberger die in Wiesbaden domizilierte PR-Agentur ''Fink & Fuchs" schon beauftragt. Auch BA-Projektleiter Jürgen Koch vertraut auf die Erfahrungen des Medien-Experten Professor Dr. Wolfgang Jäger, der schon bei der Konzeption der Unternehmensjobbörse JobStairs mitgewirkt hat: er wurde als persönlicher "Coach" unter Vertrag genommen. Bei der politischen Lobby-Arbeit wird der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit von Bernd Schiphorst (ehemaliger Multimedia-Vorstand bei Bertelsmann) und der Agentur WMP EuroCom in Berlin beraten. In der Berliner Agentur, die sich auf Politik-, Wirtschafts- und Medienberatung spezialisiert, sitzen mit Günter Rexrodt, Roland Berger, Karl Otto Pöhl und Hans-Dietrich Genscher einflussreiche Persönlichkeiten in den Unternemensgremien. 

Ein nicht unerhebliches Geschick seitens der BA wird benötigt, die privatwirtschaftlich-kommerziellen Jobbörsen zum kostenlosen Transfer ihrer am Markt akquirierten, bezahlpflichtigen Stellenanzeigen an den Virtuellen Arbeitsmarkt der BA zu bewegen - und damit womöglich zum stillschweigenden Verzicht auf ihre Geschäftsgrundlage beitragen.

Auf der anderen Seite sind die Bundesanstalt für Arbeit bei der Preisgestaltung ihrer Dienstleistungen, insbesondere die Platzierung von zur Zeit kostenlosen Stellenanzeigen der Unternehmen die Hände gebunden.

Heinrich Alt (BA)  

Falls sie die aus Steuergeldern subventionierten kostenlosen Stellenanzeigen zukünftig mit einem marktgerechten Preis versieht, dürfte ein zu erwartender Rückgang der platzierten Stellenanzeigen auch die vom Gesetzgeber verordnete Arbeitsvermittlung zumindest mengenmäßig beeinträchtigen.

Zudem würde sich die Bundesanstalt für Arbeit den Marktbedingungen anpassen und damit ihre Preispolitik, Dienstleistungs- und Vermittlungsqualität in starkem Maß auf den Prüfstand der öffentlichen Diskussionen stellen.

Wenn nun in Kürze die zu erledigenden Hausaufgaben zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und den kommerziellen Jobbörsen diskutiert werden sollen, können die Gespräche trotz offensichtlicher Zielkonflikte durchaus auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung geführt werden, verbindet einige Teilnehmer doch ähnliche berufliche Erfahrungen.

BA-Vorstandsmitglied Frank-J. Weise hat eine Karriere in der Privatwirtschaft vorzuweisen und BA-Chef Gerster und der Jobware-Chef Dr. Vollmer können auf langjährige Tätigkeiten als Personalberater in der freien Wirtschaft zurückblicken.

Für Themen beim Small-Talk ist also reichlich gesorgt. Aber das ist alles keine Garantie für zukünftige konstruktive Ergebnisse - und das vor dem Hintergrund der schlechten Wirtschafts- und Geschäftslage. Denn nicht nur die kommerziellen Jobbörsen leiden unter rückläufigen Stellenanzeigen, auch die Personalberater spüren den Geschäftsrückgang (Umsatzrückgang -18,5% gegenüber dem Vorjahr). Nahezu 1000 Personalberater gaben auf. [32]

Fazit #5: Das geplante Modell des "Virtuellen Arbeitsmarktes" mit dem Deutschland-weiten Job-/Bewerberpool könnte die Geschäftsgrundlage der  privatwirtschaftlichen Personalvermittlern wie Personalberater, Zeitarbeitsfirmen oder kommerziellen Jobbörsen entscheidend negativ beeinflussen. Durch die für Arbeitgeber kostenlos erbrachten Dienstleistungen würden staatliche, durch Steuergelder finanzierte Investitionen und Vermittlungs-Dienstleistungen zum Dienstleistungs-Dumping führen und die Liberalisierung der Arbeitsmärkte zurückgeschraubt.

Fazit #6: Würde die Bundesanstalt für Arbeit fortan ihre Vermittlungsdienstleistungen mit einem marktgerechten Preismodell betreiben, könnte in der Folge ein Qualitäts- und Effizienzwettbewerb entstehen. Allerdings würden vermutlich die Anzahl von Stellenanzeigen, die von Unternehmen im Virtuellen Arbeitsmarkt platziert werden, aus Kosten- und Qualitäts-Gründen zurückgehen; dies wiederum steht im Widerspruch mit dem gesetzlichen Auftrag der Vermittlung von Arbeitslosen.

BA als Quasi-Monopolist: Jobbörsen im Haifischbecken des Wettbewerbs
Foto:
Walt Disney
 

Am Markt der elektronischen Jobbörsen ist wieder einiges in Bewegung geraten.

Sorgte noch vor kurzem die Gründung der Arbeitgeber-Jobbörse JobStairs für Aufsehen [29] [30], so sind die Pläne des Quasi-Monopolisten alles andere als Futter für kleine Fische.

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Konzept des Virtuellen Arbeitsmarkts im hellen Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit  realisieren lässt und in welchem Umfang die Markt-Partner davon Gebrauch machen. Letzten Endes dürfte es auf die Qualität der Vermittlungsergebnisse und die damit verbundenen Dienstleistungen ankommen: Zitronen oder Rosinen.

Zum Erfolg verdammt

Florian Gerster hat bei den Umbaumaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit alle Hände voll zu tun. Glücklicherweise ist die Preispolitik der Bundesanstalt für Arbeit (noch) nicht im Mittelpunkt der Diskussionen, denn sie hat schlicht keine. Die Dienstleistungen der öffentlich-rechtlichen Arbeitsvermittlungen werden nach wie vor kostenlos erbracht und durch Steuergelder finanziert - was Florian Gerster bei Diskussionen über Kundenzufriedenheit und Vermittlungsqualität erst einmal eine Atempause gönnt. Denn in guter Erinnerung sind die Zickzack-Wege, die sich sein Kollege bei einem anderen staatlichen Quasi-Monopol-Unternehmens geleistet hat:  Hartmut Mehdorn, CEO der Deutschen Bahn, hatte bei der öffentlichen Diskussion um die neue Preispolitik der Bahn sicherlich nicht die helle Freude. [12].   

Epilog

Heutzutage denken die Menschen in der badischen Ortenau nicht mehr allzu mittelalterlich, wenn es um Staatsmonopol und Liberalisierung geht. Ein Ortenauer Bub' hat der ganzen Nation vorexerziert, wie ein Staatsunternehmen durch alle Tücken zur Privatisierung geführt werden kann: Der in Lahr - unweit von Gengenbach - geborene Luftfahrt-Techniker Jürgen Weber führte die Deutsche Lufthansa AG aus den verkrusteten Strukturen eines staatseigenen Betriebs hinein in einen liberalisierten und wettbewerbsintensiven Luftverkehrsmarkt und wurde 1999 zum "Manager des Jahres" gekürt.

Weiterführende Links

Behörden, Firmen, Organisationen:

bullet Accenture
bullet Adecco
bullet allesklar.de
bulletAMS Arbeitsmarktservice Österreich
bulletBDU Bundesverband Deutscher Unternehmensberater
bullet Bewerberpool.de
bullet Bundesanstalt für Arbeit / Arbeitsamt
bullet DFKI
bullet DJM Dr. Jäger Management-Beratung
bulletFink & Fuchs Public Relations AG
bullet FM-Studios
bulletHP Hewlett Packard
bullet HR-XML-Consortium
bullet IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg
bullet Jobcenter Plus Großbritannien
bulletjobpilot
bullet Jobscout24
bulletJobware
bullet Matchwork
bullet meinestadt.de
bullet Monster.de
bullet RAV Regionale Arbeitsvermittlung Schweiz
bullet Rekruter.de
bullet Stellenanzeigen.de
bullet StepStone
bullet Syntegral
bulletWCC Group
bullet WMP Eurocom

Literatur / Artikel:

bullet[1] Bericht der Hartz-Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt.
bullet[2] Der aktuelle Stand der Umsetzung von BundOnline 2005
bullet[3] Arbeitsvermittlung vollständig privatisieren
bullet Prof.Dr.Franz Egle: Arbeitsmarkt-Controlling. Januar 2003
bullet[4] IAB Werkstattbericht Nr. 15 vom 21.10.2002: Steigerung von Effizienz und Reputation in der Arbeitsvermittlung - Fragen der Privatisierung oder Modernisierung im Spiegel internationaler Ansätze und Erfahrungen. Regina Konle-Seidl.
bullet[5] Performance of Employment Services Jobcentres across England, Scotland and Wales for 2001/2002.
bullet[6] Marktanteil und Marktsegment der Arbeitsvermittlung in der EU: Erkenntnisse aus der Europäischen Arbeitskräfteerhebung. Hugh Mosley, Europäisches Beschäftigungsobservatorium.
bullet [7] Wolfgang Zdral, Financial Times Deutschland vom 22.10.2002. Ranking: Ohrfeigen für Besserwisser im IT-Consulting
Von Wolfgang Zdral. Eine neue Studie belegt: Auftraggeber sind zunehmend unzufrieden mit Leistungen der IT-Consultants.
bullet

[8] WCC signs 5-year, multi million Euro contract with Accenture Germany on behalf of the Bundesanstalt fur Arbeit (German Department of Labour).

bullet[9] Syntegral ist Partner von Accenture bei der Realisierung des Virtuellen Arbeitsmarktes
bullet[9] Employment Service agency accounts for the year ended 31 march 2002.
bullet[10] Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, vor der Corporation of London am 12. Juni 2003 in London
bullet[11] Bundesanstalt für Arbeit: Haushaltsplan für 2003
bullet[12] Bärbel Schwertfeger in Spiegel-Online: Nur Jobs, kein Schnickschnak
bullet[13] Feuern und Vergessen: Die Ich-AG im Praxis-Test. brand eins Wirtschaftsmagazin, Mai 2003.
bullet[14] Mehdorn attackiert die Kritiker der Bahn
bullet[15] Die Zukunft von e-Government in Deutschland
bullet[16] UK: Jobcentre Plus Vision 2002-06
bullet[17] UK: Jobcentre Plus Business Plan 2003-04
bullet[18] Ohne Erfolgskontrolle: Arbeitsvermittlung Absurd
bullet[19] Innovative U.K. Employment Service Partnership Keeps on Winning
bullet

[20] Zweistufenplan der Bundesregierung für kunden- und wettbewerbsorientierte Dienstleistungen am Arbeitsmarkt

bullet [21] Jobcentres best in EU says German Minister
bullet[22] JobCentre Plus Business Plan 2003-04. Dept.of Work and Pensions, UK
bullet[23] Bundesanstalt für Arbeit: Haushaltsentwicklung muss weiter beobachtet werden. Ende Mai 2003 betrugen die Einnahmen der BA insgesamt 19,9 Milliarden Euro, die Ausgaben lagen bei knapp 24,4 Milliarden.
bullet [24] Bundesanstalt für Arbeit: Trinationales Forum diskutiert Reform der Arbeitsverwaltungen. Mai 2002
bullet[25] Prof. Dr. Christoph Beck: Professionelles E-Recruiting: Strategien - Instrumente - Beispiele. Luchterhand-Verlag 2002. 
bullet[26] Akerlof, G.A. (1970): The Markets for Lemmons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism. In: Quarterly Journal of Economics LXXXIV, 488-500.
bullet[27] Verdingungsunterlage für das Projekt "Der Virtuelle Arbeitsmarkt". Bundesanstalt für Arbeit. 2002.
bullet[28] Wite Paper HR-BA-XML Standard. Bundesanstalt für Arbeit und Accenture. Version 1.9 vom 5. Juni 2003
bullet[29] Wieviele Jobbörsen braucht das Land? Deutsche Unternehmen starten Gemeinschafts-Stellenmarkt JobStairs.
bullet[30] JobStairs steigert Stellenanzeigen um 37% - und liefert ein Spiegelbild des desolaten Arbeitsmarktes.
bullet[31] Meinhard Miegel: Die deformierte Gesellschaft. Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen. 2002 Propyläen Verlag.
bullet[32] BDU-Studie 2002: Personalberatung in Deutschland 2002.

Video:

bulletZDF: "Falsche" Arbeitslose, Frontal21, 06.05.2003
bullet UK: Jobcentre Plus Introductory Video

 

 >>> zurück zum ersten Teil