KoPIWA -
Kompetenzentwicklung und Prozessunterstützung in „Open
Innovation“-Netzwerken der IT-Branche durch
Wissensmodellierung und Analyse
Ein Gastbeitrag von
Sabrina Ziebarth,
Nils Malzahn, Sam Zeini, Ulrich Hoppe,
COLLIDE-Forschungsgruppe, Universität Duisburg-Essen
[Crosswater Systems]
18.6.2008
Einleitung
Der IT-Branche fehlen nach Angaben der Bundesregierung
20.000 Experten, der Branchenverband Bitkom
(Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation
und neue Medien) spricht sogar von 43.000 offenen
Stellen in der IT-Branche und verwandten
Wirtschaftszweigen (Quelle www.welt.de :
http://www.welt.de/wirtschaft/article1431803/Deutschland_sucht_verzweifelt_IT-Experten.html).
Dabei mangelt es vor allem an hoch qualifizierten
Fachkräften.
Aus- und Weiterbildungsanbieter
sind gefordert heute schon die Fachkompetenzen zu
vermitteln, die in naher Zukunft benötigt werden. Dazu
benötigen sie Orientierungshilfen, wie zukünftige
Berufsbilder aussehen und welche Kompetenzprofile
benötigt werden, um dem Fachkräftemangel entgegen zu
wirken.
Laut der zitierten Studie benötigt
fast ein Fünftel der befragten Firmen im Schnitt ein
halbes Jahr oder länger um passende Mitarbeiter zu
finden. Dies legt den Schluss nahe, dass das Auffinden
geeigneter Kandidaten für zu besetzende Stellen
vereinfacht werden muss. So könnte die knappe Anzahl der
Experten möglichst ideal auf die bestehenden Aufgaben
verteilt werden. Kompetenzmanagement ermöglicht durch
den Abgleich von Soll- und Ist-Profilen neben der
Identifikation von Weiterbildungsbedarf eine gezielte
Auswahl und einen gezielten Einsatz derjenigen, die die
gesuchten Kompetenzen besitzen.
In der Praxis zeigt sich eine
Diskrepanz zwischen den Anforderungen, welche in
Stellenangeboten im IuK-Bereich bzw. in der Digitalen
Wirtschaft formuliert werden, und den tatsächlich in
den IT-Projekten erforderlichen Fachkompetenzen. Es wird
bspw. die Kenntnis spezifischer Programmiersprachen
verlangt und nicht der kompetente Umgang mit
Programmierparadigmen, der die Kandidaten sowohl
langfristig befähigen sollte, sich schnell in neue
Programmiersprachen oder Entwicklungswerkzeuge als auch
kurzfristig in die projektspezifischen Fertigkeiten
einzuarbeiten. Diese Zusammenhänge sind den
Personalverantwortlichen jedoch nicht immer präsent,
insbesondere bei größeren Unternehmen mit einer
dedizierten Personalabteilung, die typischerweise nicht
über Experten für die Bedürfnisse der alltäglichen
Projektarbeit verfügt. Den Zusammenhang zwischen diesen
Fertigkeiten und den tatsächlichen Fachkompetenzen zu
modellieren, wäre eine Orientierungshilfe für diese
Personen. Dies stellt jedoch eine anspruchsvolle
Herausforderung dar.
Der Fachkräftemangel gefährdet
neben der Bewältigung des Tagesgeschäfts auch die
Innovationsfähigkeit der betroffenen Unternehmen. Ein
Ansatz zur Unterstützung von Innovationsfähigkeit, der
weniger vom Personal in den einzelnen Unternehmen
abhängig ist, sind interaktive
Wertschöpfungspartnerschaften, welche von
brancheninternen über branchenübergreifende (B2B) bis
hin zu Hybridpartnerschaften mit dem Endkunden (B2C)
reichen. In diesem Kontext spricht man auch von Open
Innovation. Unter Open Innovation versteht man die
Öffnung des Innovationsprozesses von Unternehmen und
damit die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zur
Vergrößerung des eigenen Innovationspotentials. Open
Innovation ist aber ein recht neuer Ansatz, welcher
bisher nur wenig verbreitet und erforscht ist.
Diese beiden Problemstellungen:
dynamisiertes Kompetenzmanagement und Open Innovation in
der digitalen Wirtschaft werden derzeit in dem vom BMBF
geförderten Forschungsprojekt KoPIWA -
Kompetenzentwicklung und Prozessunterstützung in „Open
Innovation“-Netzwerken der IT-Branche durch
Wissensmodellierung und Analyse - (Förderkennzifer
01FM07067-72) in einem Verbund bestehend aus der
Universität Duisburg-Essen, der Technische Universität
München, dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW),
der pixelpark AG, der reflact AG und der MCS SH GmbH
bearbeitet (siehe auch
http://www.bvdw.org/kopiwa.html).
Lösungsansatz
Der zuvor aufgezeigte Zusammenhang
zwischen Innovation und Kompetenzmanagement legt nahe,
eine Plattform für interaktive
Wertschöpfungspartnerschaften und ein damit
korrespondierendes branchenbezogenes (hier in der
Digitalen Wirtschaft) Wissens- und
Humanressourcenmanagement aufzubauen. Dieses soll
ermöglichen Berufsbilder und Kompetenzprofile der
Digitalen Wirtschaft so zu definieren, dass sie den
Marktakteuren sowie Aus- und Weiterbildungsanbietern
eine klare Orientierung zur Überwindung der derzeitigen
Innovationshemmnisse und zur Bewältigung künftiger
Innovations- und damit Wachstumserfordernisse geben.
Dabei sind solche Innovationshemmnisse gemeint, die sich
aus der nicht effizienten bzw. effektiven Nutzung von
Humanressourcen ergeben, etwa starre Personalentwicklung
oder auch undurchlässige Organisationsstrukturen. Die
Innovationshemmnisse sollen auf Dauer abgebaut werden,
so dass sich die Innovationspotentiale der Branche voll
entfalten können.
Es werden dabei unter Anderem drei Arbeitslinien
verfolgt:
- Management von interaktiven
Wertschöpfungspartnerschaften,
- Wissens- und Humanressourcenmanagement -
Kompetenzbildung für (Open) Innovation,
- Erstellung eines softwarebasierten Modells für eine
kompetenzfördernde Innovationsstrategie zur
erfolgreichen Umsetzung von Open Innovation für
Wertschöpfungspartnerschaften der IT-Branche.
Die Projektdurchführung folgt dabei
selbst dem Open Innovation-Ansatz und involviert die
Zielgruppe aktiv in das Projekt. Dies geschieht in
erster Linie durch den Aufbau von Foren und anderer Web
2.0 Tools, damit eine Kunden- und Zielgruppenorientierte
und –getriebene Diskussion der Ergebnisse bereits
während der Projektphase entsteht. Der BVDW wird später
die entwickelten Werkezuge, die Plattform, etc. in sein
Regelberatungsangebot aufnehmen, um die
Projektergebnisse der Branche nachhaltig zur Verfügung
zu stellen.
Erste
Ergebnisse
Ein Teilziel des Projektes KoPIWA
ist die Identifikation wichtiger Kompetenzen der
IT-Branche, sowie ihrer Zusammenhänge untereinander und
im Kontext mit Kompetenz-Profilen für bestimmte
IT-Berufe. Die Ergebnisse sollen als Basis für die
Erstellung einer Kompetenz-Ontologie für die Digitale
Wirtschaft dienen, welche unter anderem zum
Kompetenz-basierten Personalmanagement, als
Informationsquelle für Schulabgänger und Berufswechsler
sowie zur Karierreberatung und –planung genutzt werden
soll. Eine Ontologie im informatischen Sinne meint
vereinfacht eine Wissensrepräsentation bzw.
-spezifikation innerhalb des Systems, das den
relationalen Zusammenhang zwischen Begriffen und
Konzepten mitmodelliert.
Zur Exploration geeigneter
Verfahren wurden zunächst circa 3000 Stellenanzeigen
aus dem Bereich der IT-Branche von Online-Jobbörsen
erhoben und mit Methoden des Data Minings und des
Information Retrievals analysiert. Mit Hilfe von
Cluster-Algorithmen konnten bestimmte Berufsgruppen (IT-Manager,
IT-Kaufleute, SAP-Berater und Entwickler) und ihre
Kompetenzprofile identifiziert werden (siehe auch
Tabelle 1).