Der Initiator des Recruiting Insider Kongress
hielt sich nicht lange mit
Floskeln auf, sondern stimmte das Auditorium auf das
Kernthema ein: "Handelst Du schon oder rekrutierst Du noch?"
Das Recruiting 2008 hat sich, führte Beck aus, auf
der Kandidaten-Seite dramatisch geändert: Unzählige
Bewerber-Ratgeber empfehlen den Kandidaten ein
gesteigertes Selbstmarketing, es gilt aufzufallen - um
nahezu jeden Preis einer gekünstelten Originalität.
Dabei werden sich die Bewerber immer ähnlicher.
Im stilvollen
Ambiente des Ballsaals im Schloss Bensberg bei Köln
spannte Beck gleich den Themenbogen der Veranstaltung:
Es gilt für den Recruiting Congress 2008, die Menschen zusammenzubringen, Anregungen und
Denkanstöße zu geben, ein Ambiente des
Gedankenaustausches herzustellen und die Leidenschaft
für das Recruiting zu schaffen.
Zum Auftakt der Vortragsreihe zog Jerome Ternynck,
CEO MrTed Ltd., in
seiner Präsentation "International Report:
Transition in the Recruiting Process Outsourcing market" ein vorläufiges Resumee zum viel diskutierten war for talents: "Der
Kampf um die Talente ist entschieden - die Kandidaten
haben gewonnen". Vorbei die schöne Herrlichkeit, als
sich Arbeitgeber noch vom Glanz ihres Produkt-Image
blenden liessen, fortan müssen sie sich den Realitäten des Employer Branding stellen.
Ganzheitlicher Ansatz
In seiner Keynote-Präsentation servierte danach
Professor Dr. Christoph Beck im leicht-lockeren Stil eines
professionellen TV-Moderators anspruchsvolle Kost: Blueprint
des Employer Brandings oder der erste ganzheitliche
Ansatz.
Entscheidender Einflussfaktor ist das Corporate
Branding und der
Bekanntheitsgrad eines Arbeitgebers, also die Summe des
Produktimages und die Eigenschaften einer Firma als
Arbeitgeber. Es gilt, die Arbeitgebermarke korrekt zu
positionieren und diese Positionierung durch
Multiplikatoren zu kommunizieren.
Dabei setzt sich die
Markenbekanntschaft aus drei Bekanntheitsfaktoren
zusammen, dem Unternehmen, dem Arbeitgeber und den
Produkten. Aus der Markenbekanntheit lässt sich die
Attraktivität des Unternehmens für Bewerber ableiten.
Eine Analyse dieser Einflussgrössen führt zu einer
besseren Positionierung des Arbeitgebers gegenüber der
angestrebten Zielgruppe (Bewerber) und deren
individuellen Präferenzen.
Doch als nächstes gilt es festzustellen,
was der Bewerber denn erwartet, warum sich der
Bewerber für das Unternehmen entscheiden sollte.
Spätestens jetzt - so Beck in seiner Begründung - sind Recruiter bei der Entscheidungstheorie und der
Auseinandersetzung mit einem Präferenzmodell angelangt:
Aufgabe des Personalmarketings ist es, Präferenzen für
das eigene Unternehmen zu schaffen, den richtigen Job im
Unternehmen dem Bewerber nach dessen eigenem
Präferenzmodell darzustellen. Dabei ist es klar, daß
Informationen im Recruiting-Prozess unvollständig und
intransparent sind und demzufolge zu Entscheidungen
unter Unsicherheit führen. Beck warnte auch davor, das Produktmarketing mit dem
Personalmarketing gleichzusetzen. Unternehmen mit hohem
Produktimage können dies nicht zwangsläufig auf die
Arbeitgeber-Marke transportieren.
Bewerber entscheiden sich nach ihren individuellen
Präferenz-Kriterien:
1. Welche Attraktivität
hat die angebotene Tätigkeit,
2. Welche Präferenzen bietet der Arbeitgeber,
3. Welche Präferenzen bietet eine Tätigkeit in der
Branche des Arbeitgeber?
4. Welche Präferenzen bietet der Standort des
Arbeitgebers für den Bewerber?
Becks Fazit:
Präferenzbildung ist die Meta-Funktion für das
Personalmarketing.
Das Unternehmen hat sich als Arbeitgebermarke und
damit als ein Nutzenbündel mit spezifischen,
gleichzeitig nachhaltig differenzierenden Merkmalen so
zu präsentieren, dass die Substanz eines Unternehmens
als Arbeitgeber im Mittelpunkt steht
Employer Branding muss vor dem Hintergrund seiner
Komplexität, den Zusammenhängen und
Wirkungsweisen betrachtet werden
Die Meta-Funktion des Personalmarketings ist die
Präferenzbildung
Das Unternehmen als Arbeitgeber wird zum
Entscheidungsobjekt für die relevanten Zielgruppen.
Employer Branding stellt sicher, dass die Entscheider
(=relevanten Zielgruppen) das Unternehmen zunächst in
ihren Präferenzraum mit aufnehmen, die wahrgenommenen
Nutzenvorteile (Markenwert) sich mittelbar bzw.
unmittelbar in den Präferenzentscheidungen
niederschlagen und die Differenzierung von den
konkurrierenden Angeboten der Wettbewerber nachhaltig
erreicht bzw. sichergestellt wird.
Die Präferenzentscheidung für oder gegen einen
Arbeitgeber wird von weiteren Faktoren,
wie z.B. Attraktivität der Branche und/oder der
Standorte, der persönlichen Lebenssituation etc.
entscheidend beeinflusst. Der Bekanntheitsgrad eines
Unternehmens beeinflusst direkt oder indirekt das
Präferenz- bzw. Bewerberverhalten
Es ist Zeit, sich wesentlich mehr mit der Zielgruppe,
ihren Erwartungen, Wünsche etc. und insbesondere, im
Hinblick auf den Einsatz der Kommunikationsinstrumente,
mit ihrem Mediennutzungsverhalten zu beschäftigen und
dem Involvement.
Ausblick
Mit den stringent dargestellten Beziehungsfelder des
Employer Branding in einem ganzheitlichen Bezugsrahmen
rückt Beck das Thema Employer Branding stärker in die Richtung einer
systemorientierten Managementtheorie, deren Grundlagen
durch die Management-Kybernetik von Stafford Beer und die
Theorie der Entscheidung unter Unsicherheit von Hans
Ullrich formuliert
wurden. Die Kenntnis der Präferenzrelationen der
Bewerber gewinnen im Employer Branding eine wichtige
Relevanz.
Ein amerikanisches Management-Bonmot suggeriert: "You
can't manage what you can't measure". Ob Becks
"Steilvorlage" des ganzheitlichen Bezugsrahmens eine
stärkere empirische Forschung über die Teilbeziehungen
im Employer Branding nach sich zieht, wird sich zeigen.