Wer sich in der unübersichtlichen Welt des
e-Recruiting die neueste Rangliste der Jobbörsen nach
Anzahl Stellenanzeigen genauer anschaut, könnte ein
Déjà-Vu-Erlebnis, eine Erinnerungstäuschung haben: Auf
den vorderen Plätzen der aktuellen Jobbörsen-Rangliste
tauchen allesamt Jobbörsen auf, die auf der Basis eines
Kooperationsvertrags mit der Bundesagentur für Arbeit
deren Stellenanzeigen nach dem Matrjoschka-Prinzip
präsentieren: Gleiche wiederkehrende Inhalte und
unterschiedlich bunte Erscheinungsbilder werden dem
Stellensuchenden präsentiert.
Dies ist das Ergebnis des vernetzten, virtuellen
Arbeitsmarkts, dessen Konzeption auf die Neuentwicklung
des "Virtuellen Arbeitsmarkts" der Bundesagentur für
Arbeit zurück geht. Ende Dezember 2007 waren insgesamt
44 Jobportale, Personalvermittler und Arbeitgeber wie
Siemens AG oder Degussa AG als
Kooperationspartner der BA registriert.
Aufblähung statt Konzentration
Die aktuelle
Rangliste der Jobbörsen vom Januar 2008 wird nach quantitativen
Gesichtspunkten anhand der Anzahl Stellenanzeigen, die
in den einzelnen Jobbörsen publiziert werden, durch
individuelle Online-Suchabfragen bei den einzelnen Jobbörsen
erhoben. Die
Methodik zur Erhebung von Jobbörsen wurde erweitert,
um der zunehmenden Vernetzung der Online-Stellenmärkte
Rechnung zu tragen. Dabei werden die als
"Kooperationspartner" klassifizierten Jobbörsen nun
ebenfalls in der quantitativen Rangliste mit einbezogen.
Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, daß aufgrund
der Vernetzung der Online-Stellenmärkte und deren
Reichweitenstrategien Stellenanzeigen mehrfach in
anderen Jobbörsen publiziert werden. Das
führt einerseits zu einer Aufblähung des Marktes mit
identischen Stellenanzeigen, andererseits ist diese
Aufblähung ohne detaillierte Kenntnis der
Kooperationsbeziehungen der Jobbörsen nicht immer
ersichtlich. Die Top-100 Jobbörsen publizierten im
Januar 2008 insgesamt 3.1 Millionen Stellenanzeigen
(=100%), Mehrfach-Stellenanzeigen inklusive.
Letztlich ist es für Stellensuchende irrelevant, in
welcher der vielen Jobbörsen sie ein passendes
Stellenangebot finden, auf das sie sich bewerben können.
Für Arbeitgeber hingegen bedeutet die
Reichweitensteigerung zunächst vordergründig eine
größere Chance, daß ein Stellenangebot nach dem Gesetz
der Masse auch die interessierten Bewerber erreicht.
Jedoch kann eine unkontrollierte Weitergabe von
Stellenanzeigen auch zum Bumerang für Personaler werden:
Ein aufgeblähter Bewerbungs-Rücklauf ist die Folge, oft
sind nicht genügend qualifizierte Bewerber dabei und die
Durchsicht und Bewertung der Kandidaten - und die damit
verbundenen Kosten - trägt der Arbeitgeber.
Meine Stadt in Führung - alles klar?
Die Januar-Rangliste der größten Jobbörsen in
Deutschland wird vom Städteportal meinestadt.de
angeführt. meinestadt.de ist ein Kooperationspartner der
Arbeitsagentur und publiziert die Stellenangebote der
BA-Jobbörse als "Reichweitenverstärker". Darüber hinaus
hat die Betreibergesellschaft des Städteportals in den
letzten Jahren die Personalvermittlung in ihr
Dienstleistungsportfolio aufgenommen und
Vermittlungsstandorte in Deutschland ausgebaut. Unter
der Leitung von Christian Sauer hat allesklar.com AG diesen
Bereich durch Personaleinstellungen zielgerichtet
verstärkt. Sauer hat seine e-Recruiting-Erfahrung bei
bekannten Jobbörsen wie Jobpilot, JobScout24 und
Stellenanzeigen.de gesammelt. Deshalb ist klar, daß
meinestadt.de nicht nur die Stellenangebote der BA
publiziert, sondern auch solche die durch die Key
Accounter eigenständig akquiriert wurden - in der Summe
publiziert meinestadt.de 237.378 Stellenanzeigen
gegenüber 227401 bei der Arbeitsagentur. Allerdings:
ohne die füllenden BA-Stellenanzeigen könnte
meinestadt.de diesen Spitzenrang nicht halten.
Paul Dillenburg, Vorstand bei allesklar.com AG, erläutert
die Stellenmarktstrategie: "Die
meisten Deutschen suchen eine Arbeitsstelle in der Nähe
ihres Heimatortes. Wie eine Umfrage auf meinestadt.de
ergeben hat, sind nur ein Drittel der Arbeitnehmer dazu
bereit, für einen neuen Job ihren Wohnort zu wechseln.
Diese Tatsache hat uns dazu bewegt, die lokale Struktur
von meinestadt.de auch für einen Stellenmarkt zu nutzen.
Wir bieten seit dem Jahr 2003 lokale Stellenmärkte für
alle deutschen Städte und Gemeinden an. Anfangs haben
wir die Stellenanzeigen in erster Linie als
interessanten Content gesehen, erst später haben wir
daraus ein Geschäftsmodell entwickelt". Teil des
Geschäftsmodell ist ein Preismodell für die Publikation
von Stellenanzeigen, das auf dem Prinzip "Pay-per-Click"
basiert.
Dillenburg erläutert das Konzept: "Das Prinzip
ist vergleichbar mit Google-Ad-Words, den Werbeanzeigen
von Google. Falls der Kunde sich bei uns für das
Pay-per-Click-Modell entscheidet, zahlt er nur für die
Klicks auf seine Anzeige. Jeder Klick kostet 40 Cent. Er
ist an keine Laufzeit gebunden und kann über unser
Online-Kundencenter das Budget jederzeit aufstocken oder
auch die Anzeige deaktivieren, sobald genug Bewerbungen
eingegangen sind. Mit diesem Preismodell können
Arbeitgeber ihre Bewerbersuche selbst steuern und
bleiben völlig flexibel."
Und der Erfolg gibt Dillenburg
recht. Im vergangenen Jahr konnte allesklar.com AG den
Umsatz um 25% auf über 20 Millionen Euro steigern und
verzeichnete besonders in den Bereichen lokale
Online-Werbung und Online-Stellenarkt gute
Wachstumsraten. „In diesen Bereichen sehen wir
auch 2008 die größten Wachstumschancen“, sagt Dr.
Manfred Stegger, Gründer und Vorstandsvorsitzender der
allesklar.com AG. Und in dem steigenden Umfang des
Online-Werbemarkts in Deutschland (Zuwachs +40% auf 3
Milliarden Euro Umsatz) kann sich allesklar.com AG einen
immer größeren Anteil am Werbekuchen sichern, wie die
Frankfurter Allgemeine Zeitung am 4.2.2008 ("Der
Online-Werbemarkt steht vor der Bereinigung") aufzeigt.
Basierend auf den Internet-Reichweitendaten der
Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) erreicht
allesklar.com AG mit monatlich 6 Millionen Einzelbesucher
einen Zuwachs von 41.2% gegenüber dem Vorjahreszeitraum
und steht unter den Top-Vermarktern auf Platz 16. Bei
der Popularität einzelner Internet-Seiten schafft es
meinestadt.de sogar auf Rang 10 der Top-Internet-Seiten
in Deutschland. [1]
Russen-Püppchen auf den
Spitzenplätzen
Die vorderen Plätze der
Jobbörsen-Rangliste nach Stellenanzeigen (Stand Januar
2008) werden allesamt von den
Kooperationspartnern der Bundesagentur für Arbeit
belegt. Daraus ergibt sich eine
Marktstruktur - bezogen auf die
Anzahl Stellenanzeigen der Jobbörsen -, die auf
Multiplikatoreffekten und Reichweitenstrategien basiert,
mehrheitlich werden also immer
die gleichen Stellenangebote publiziert.
Von den über 3.1 Millionen
Stellenanzeigen, die bei den TOP-100 Jobbörsen zu finden
sind, stammen lediglich 7% (227.401 Stand Januar 2008)
von der Arbeitsagentur bzw. deren Zulieferer-Partner wie
z.B. Jobstairs.de. Die Kooperationspartner unter den
Jobbörsen repräsentieren
zusammen 63% der Stellenanzeigen. Darunter sind
mehrheitlich die Kooperationspartner der BA, in
geringerem Umfang aber auch Kooperationspartner klassischer
Jobbörsen wie z.B. die Berufswelt der Zeitung DIE WELT
aus dem Axel Springer Verlag, die eine Weitervermarktung
der Stellenanzeigen von StepStone umsetzen. Ähnliche
Reichweitensteigerungsmodelle werden von Jobware.de oder
Stellenanzeigen.de verfolgt. Allerdings legt Jobware
größten Wert auf ein qualitatives,
zielgruppengerechtes Kooperationskonzept,
Stellenanzeigen.de setzt auf die 3-Säulen-Strategie mit
Zielgruppenportalen, fach- und regionalbezogenen
Netzwerkpartnern.
Unter den Top-100 Jobbörsen nehmen die allgemeinen
Karriereportale, die Stellenanzeigen für alle Regionen, Branchen oder Berufen
veröffentlichen, mit 19% einen kleineren
Anteil ein. Jobbörsen, die sich auf eine bestimmte
Karrierephase der Arbeitnehmer (z.B.
Hochschulabsolventen, Fach- und Führungskräfte)
spezialisieren, sind mit 7% der publizierten
Stellenanzeigen unter den Top-100 Jobbörsen vertreten.
Spezial-Jobbörsen, die sich ausschließlich auf bestimmte
Branchen oder Berufe konzentrieren, kommen immerhin auf
3% Anteil bei den publizierten Stellenangeboten.
Ingenieur24.de oder Ingenieurkarriere.de haben es im
Arbeitsmarktsegment für Ingenieure unter die TOP-100
Jobbörsen geschafft. Ebenso sind die großen Jobbörsen
für die Hotel- und Gastronomie-Branche wie
Hotel-Career.de oder AHGZjobs.de gut vertreten.
Im
prestigeträchtigen Segment der Fach- und
Führungskräfte-Spezialisten haben sich Jobware.de,
FAZjob.net, experteer.de, Placement24.de oder MichaelPage.de unter den TOP-100 Jobbörsen etabliert. Und noch
etwas fällt auf: das vieldiskutierte Community-Portal
XING hat vor kurzem das Service-Portfolio um einen
Stellenmarkt erweitert und kommt mit 1.792 Stellenanzeigen
(Stand 3.1.2008) auf Platz 97. Weniger intensiv wurde
hingegen der Markteintritt von CareerBuilder in
Deutschland diskutiert - trotzdem hat es der US-Ableger
aus Chicago mit 27.000 publizierten Stellenanzeigen auf
Platz 28 der Januar-Rangliste geschafft. Die
vollständige Rangliste der TOP-100 Jobbörsen nach
Stellenanzeigen (Stand Januar 2008) finden Sie
>>>hier
Verwirrung und Verwässerung
Die Mehrfach-Vernetzung und die sich wiederholende
Publikation von Stellenanzeigen zwingt
Stellensuchenden dazu, sich die einzelnen Jobbörsen
genauer anzusehen, um sich bei ihrer virtuellen
Stellensuche nach interessanten Arbeitsangeboten nicht
zu verzetteln. So kann es schon gelegentlich zu einem
Frust-Erlebnis kommen, wenn in unterschiedlichen
Jobbörsen immer wieder die gleichen Stellenangebote
auftauchen - das Matrjoschka-Prinzip läßt grüßen. Auch Stellensuchende streben eine gewisse
Zeitökonomie an.
Wer erwarten würde, daß zum Beispiel bei der
Jobbörse Baupool-Online.de Stellenangebote für die
Bauwirtschaft zu finden wäre, sieht sich getäuscht.
Baupool-Online ist Kooperationspartner von Giga-Job,
einem kostenlosen Anzeigenmarkt für Jobs und
positioniert sich selbst als Portal für
"IT-Solutions for Building Industry". So überrascht
es, bei Baupool-Online Stellenangebote für den
Beruf Koch (460 Anzeigen), Metzger (40), Sekretärin (90)
oder Verkäufer (1.090 Anzeigen) zu finden. Eine
zielgruppen-adäquate Positionierung sieht anders aus. Der
Kleinanzeigen-Markt Quoka vermarktet als
Kooperationspartner Stellenanzeigen der Suchmaschine Jobs.de und der Arbeitsagentur. Stellenanbieter.de
ist sogar Kooperationspartner von mehreren
Massen-Portalen: Arbeitsagentur, Quoka, Reviermarkt und
Annoncen Avis.
Die Konzentration auf das Massengeschäft ist eine
Sache, die Attraktivität für die Bewerber und
Webbesucher ist die Kehrseite der Medaille. So leiden
einige der Jobbörsen-Kooperationspartner unter einer
unterdurchschnittlichen Besucherresonanz, schaut man
sich einmal das Alexa-Ranking genauer an. Das
Alexa-Ranking ermittelt die Besucherhäufigkeit und
ordnet jede Webseite anhand eines weltweiten
Ranglistenplatzes ein. Ein niedriger Alexa-Rang, wie es
z.B. SPIEGEL ONLINE erzielt (Rang 379 weltweit),
signalisiert eine bessere Besucherfrequentierung als es
die Frauenzeitschrift Cosmopolitan.de mit einem
Alexa-Ranking von beispielsweise 212.197 erzielt.
Zahlreiche Jobbörsen verheimlichen die tatsächlichen
Webzugriffszahlen, nur einige wenige lassen ihren Web-Traffic durch das IVW-Verfahren neutral überprüfen
und veröffentlichen.
So nützt das Alexa-Ranking mit öffentlich verfügbaren
Meßzahlen als Hilfsmittel für die Einschätzung der
relativen Besucherfrequentierung. Obwohl das
Alexa-Meßverfahren in bezug auf absolute korrekte
Besucherzahlen einige Lücken aufweist, gibt der relative
Vergleich zweier Webseiten mit ähnlicher Zielgruppe doch
einige interessante Aufschlüsse.
Die Jobbörse der Arbeitsagentur
mit einem Alexa-Rang von 3.920 (Stand 18.12.2007) führt die
Liste der Jobbörsen mit der grössten Reichweite an,
während Monster Deutschland (9.643), StepStone (17.656),
Jobpilot (28.891), JobScout24 (35.969) und
Stellenanzeigen.de (55.269) auf den Plätzen folgen. Rein
mengenorientierte Kooperations-Jobbörsen tun sich da
schon schwerer: Stellenanbieter.de rangiert auf
Alexa-Platz 762.838. Der Kooperationspartner
Jobinfo24.de, mengenmäßig noch auf Platz 9, kommt im
Alexa-Ranking lediglich auf Rang 194.000.
Nebelkerzen kontra Transparenz
Nun sind die immer wiederkehrenden gleichen
Stellenanzeigen der Bundesagentur für Arbeit und ihrer
Kooperationspartner nicht das einzige Hindernis bei der
Ermittlung einer quantitativen Jobbörsen-Rangliste. Noch immer gibt
es einige Stellenmärkte, die ein großes Geheimnis daraus
machen, wie viele Stellenanzeigen denn nun in ihrer
Datenbank zu finden wären. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt
würde das Verschweigen des tatsächlichen Tachometer-KM-Stands jede Geschäftsanbahnung unmöglich machen. Einige Jobbörsen blockieren
für Stellensuchende die
gewünschte Transparenz. Allen voran schreitet die
Bundesagentur für Arbeit, die nach der
Anzeige von 100 Treffern kurzerhand die Anzeige weiterer
Treffer blockiert. Der Stellensuchende wird gezwungen,
seine Suchkriterien zu verfeinern, wenn er sich denn
überhaupt daran erinnert, und das
Transparenz-Verhinderungsprinzip wird auf ein Neues
strapaziert.
Einfacher haben es dann die klugen Stellensuchenden,
die gleich die Jobbörsen von Rekruter.de oder
EURES
besuchen. EURES
sammelt alle Stellenanzeigen der europäischen
Arbeitsämter, darunter auch die der Bundesagentur für
Arbeit, und ermöglicht dank einer
benutzerfreundlichen Suchfunktion, in einem Suchvorgang
mehr als 200.000 Stellenangebote aus Deutschland in der
Trefferliste aufzuführen. Als besonderes Schmankerl
bietet EURES eine Regional-Suche in Grenzgebieten, z.B.
in der Region Aachen, Belgien, Niederlande oder dem
Schweizer Dreiländereck an.