E-Government aus privater Hand – Vater Staat setzt
auf Outsourcing
[Crosswater Systems]
8.1.2008
Bis Ende 2009 planen die Kommunen in Deutschland,
Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen aus dem
Ausland elektronisch anbieten zu können. Das fordert die
neue Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Union.
An der Umsetzung hapert es jedoch: Vielen Gemeinden
fehlen das nötige Know-how sowie die Kapazitäten, um die
IT-Landschaften und Verwaltungsabläufe anzupassen. Rund
ein Drittel aller Kommunalverwaltungen plant deshalb,
zentrale E-Government-Aufgaben an externe Dienstleister
auszulagern. Zwölf Prozent wollen auch
Verwaltungsprozesse in die Hände privater Unternehmen
geben. Die dafür notwendigen Outsourcing-Strategien
unterscheiden sich dabei im Detail erheblich. Das ergibt
die Studie Branchenkompass Public Services 2007 von
Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem
F.A.Z.-Institut.
Um Europas Bürgern und Unternehmern effizientere
Behördendienste zu bieten, planen Deutschlands
Verwaltungen eine engere Zusammenarbeit mit dem privaten
Sektor. Rund drei Viertel aller befragten Entscheider
wollen künftig stärker mit IT-Dienstleistern und
Beratungsunternehmen kooperieren. Fast die Hälfte der
Gemeinden setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit
Unternehmen aus ihrer Region. Gründe dafür sind
standortpolitische Erwägungen sowie der Wunsch nach
einer zuverlässigen Betreuung vor Ort. Rund ein Drittel
der Regionalverwaltungen will Aufbau, Betrieb und
Wartung ihrer E-Government-Portale von externen
Dienstleistern betreuen lassen. Jede fünfte Behörde
plant sogar, die Behörden-IT vollständig auszulagern, um
die Anforderungen der EU-Richtlinie umsetzen zu können.
Deutlich geringer ist gegenwärtig noch die Bereitschaft,
neben technischen Diensten ganze Verwaltungsprozesse
auszulagern. Zumindest jede zehnte Kommune in den alten
Bundesländern kann sich vorstellen, einzelne Verfahren
an Private zu delegieren. In den ostdeutschen Ländern
will sogar jede sechste Verwaltung ihre Prozesse an
Unternehmen auslagern. Nur ein komplettes Outsourcing
der Verwaltungsprozesse erwägt derzeit nahezu keine
Behörde.
Insgesamt will die Mehrheit der Gemeinden bei der
Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie auf bewährte
Strukturen zurückgreifen: So sprechen sich 76 Prozent
der Befragten für informelle Kooperationen aus, die
bereits mit Verbänden und Verwaltungsinstitutionen
unterhalten werden. Daneben ist immerhin die Hälfte
aller Verwaltungen bereit, sich im Rahmen von
Projektpartnerschaften enger an Dienstleister und andere
öffentliche Einrichtungen zu binden. Insbesondere
Verwaltungen außerhalb der Großstädte sehen in solchen
Projektpartnerschaften eine Option, um das E-Government
zu stemmen. Jede vierte größere Kommune zeigt sich sogar
für Kooperationen mit strategischen Partnern
aufgeschlossen, beispielsweise in Form von Public
Private Partnerships (PPPs). Auffallend dabei: Im Westen
planen fast 30 Prozent aller Kommunalverwaltungen
öffentlich-private Partnerschaften. In den neuen
Bundesländern sind die Berührungsängste dagegen deutlich
größer: Nur fünf Prozent der Kommunalverwalter in
Ostdeutschland wollen sich auf eine derartige
Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft
einlassen.
Hintergrundinformationen
Für den Branchenkompass Public Services 2007
informierten im Juni und Juli 2007 100 Top-Entscheider
deutscher Groß- und Mittelstädte im Rahmen einer
Befragung über Maßnahmen und Strategien ihrer
Kommunalverwaltungen in Bezug auf die
EU-Dienstleistungsrichtlinie. Die Befragten sind in
ihren Kommunen für die Umsetzung der Richtlinie
verantwortlich. Die Marktforschungsgesellschaft forsa
führte die Erhebung in Telefoninterviews durch. Daneben
wurden Entscheider in den Landesregierungen mehrerer
Länder telefonisch zur Umsetzung der
EU-Dienstleistungsrichtlinie interviewt.
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie behandelt im Kern die
Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungsanbietern im
gesamten Gebiet der Europäischen Union. Zur
Vereinfachung der Freizügigkeit sind verschiedene
Instrumente vorgesehen, um Ausländerdiskriminierung zu
vermeiden und Verwaltungsprozesse zu vereinfachen.
Hierzu gehört die Einrichtung eines einheitlichen
Ansprechpartners, der für den Niederlassungswilligen
alle Verwaltungsakte bündeln soll. Hier können Bundes-,
staatliche, kommunale und berufsständische
Zuständigkeiten betroffen sein. Zudem sollen die
notwendigen Verwaltungsprozesse elektronisiert und auch
aus der Ferne bedienbar sein. Mehrsprachigkeit der
Verwaltungen ist eine weitere Forderung. Die
Dienstleistungsrichtlinie befindet sich derzeit in der
Bearbeitung beim Bundesinnen- und
Bundeswirtschaftsministerium, um die notwendigen Gesetze
und Richtlinien vorzubereiten.
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