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Vermittlungs-Ranking der BA: Nebelkerzen statt Suchscheinwerfer

Traum der Transparenz scheitert an Nürnberger Bürokratie

[Crosswater Systems] 2.10.2007/ghk.

Eigentlich entspricht die neueste Statistik der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit dem neuesten Stand des Management-Jargons: Ampel-Status-Berichte in Rot, Gelb und Grün sind in den Konferenz-Etagen der bundesrepublikanischen Manager en vogue, weshalb nicht auch in den ach so tristen Stuben der Arbeitsmarktbürokratie?

Die jüngste Meldung aus Nürnberg macht sich also die weit verbreiteten Präsentationstechniken zu Nutze und stilisiert ihre Vermittlungsagenturen zu "Lernenden Organisationen", deren operative Leistungsfähigkeit es darzustellen gilt. Und so wird das auch per Pressemeldung dem Volk verkündet:

"Ziel dieser Vergleiche ist es vor allem, Potenziale aufzuspüren und Verbesserungen zu erreichen. So werden Agenturen für Arbeit und Arbeitsgemeinschaften aus BA und Kommunen zur Betreuung der Arbeitslosengeld II-Bezieher (ARGE) zu lernenden Organisationen. Verglichen werden jeweils die Agenturen bzw. ARGEn, die in vergleichbaren Arbeitsmärkten, dem gleichen Regionaltyp, arbeiten."

Im zurückliegenden Jahr haben wir unsere Reformen mit hohem Tempo und
Einsatz vorangetrieben und erste Erfolge gesehen. Die Bundesagentur für
Arbeit (BA) ist führbar und wir haben Transparenz über unsere Leistung und
unsere Finanzen geschaffen. Am deutlichsten sichtbar werden die
Ergebnisse der Arbeit am Überschuss von 11,2 Milliarden EUR, wobei hier
natürlich ein Einmal-Effekt und die gute Konjunktur geholfen haben.

Aus dem Vorwort des BA-Vorstands im Geschäftsbericht 2006

Verschämt binden sich die Arbeitsagentur-Semantiker den Lendenschurz der Schönfärberei um und bezeichnen die weniger performanten Bezirksvermittler als "Agenturen mit Potential". Krude Boulevardjournalisten würden so etwas eher als "Flop-Agentur" bezeichnen. Und der Kudo vor der Statistik-Stringenz dient als Nebelkerze, um die Transparenz der gesamten Vermittlungsperformance zu verschleiern - denn es werden eben nur vergleichbare Regionaltypen dargestellt. Nach welchen Kriterien diese Regionen vergleichbar gemacht werden, erfährt man nicht. Und die seit der Geburtsstunde der "Optionskommune" nicht nachgewiesene Behauptung der größeren Marktnähe einer Optionskommune und demzufolge besseren tatsächlichen Vermittlungsergebnissen bleibt mit Fakten und konkreten Zahlen unwiderlegt.

Der Öffentlichkeit wird ein scheinbar harmloser Vergleich zwischen den Arbeitsagenturen und den Optionskommunen, den sogenannten Arbeitsgemeinschaften oder ARGEn präsentiert, aber der zurückliegende Bürokratenkrieg wird wohlweis(e)lich unter den Teppich gekehrt.

Die Streitigkeiten zwischen der Nürnberger Behörde und den Optionskommunen entflammten um die Bereitstellung der Stellenanzeigen, die ja für die Vermittlung von Arbeitslosen eine zentrale Bedeutung haben. Die Optionskommune des Main-Kinzig-Kreises wollte es nicht hinnehmen, daß sich die Nürnberger Behörde hinter Datenschutzbedenken verschanzte und den Zugang zum Stellen-Pool der Bundesagentur verweigerte.

Beide Behörden-Streithähne eskalierten das Thema und brachten es vor das Sozialgericht. Dies traf eine richtungsweisende Entscheidung, daß demnach der Kreis einen Anspruch auf Zugang zum Stellen-Pool der Bundesagentur haben. Wer damit auf ein Ende des Behördenkriegs gehofft hatte, sah sich getäuscht. Die Nürnberger Bundesagentur schaltete auf stur, weigerte sich, das  Urteil eines deutschen Sozialgerichtes als verbindlich anzuerkennen. Nun drohte die Optionskommune Main-Kinzig-Kreis dem Chef der Bundesagentur für Arbeit Frank-J. Weise sogar mit Zwangshaft, wenn er nicht das Gerichtsurteil umsetze.

In der ganzen Angelegenheit lies der eigentlich politisch verantwortliche Bundesminister für Arbeit und Soziales Müntefering diesen Streit eskalieren, er musste sich ja um das Regieren und die Grosse Koalition kümmern.  Die Posse entwickelte sich weiter, ein Gericht hob im Januar 2007 die gegen Weise verhängte Zwangshaft zunächst auf, doch Landrat Pipa aus dem Main-Kinzig-Kreis wollte nicht aufgeben und kündigte ein erneutes Zwangsvollstreckungsverfahren an. Effiziente Arbeitsvermittlung ohne Bürokratie und Gerichtsverfahren sieht anders aus.

Lerneffekt

Raimund Becker

Raimund Becker

Angesichts der real sinkenden Arbeitslosenquote scheut sich die Bundesagentur für Arbeit nicht, sich auch für ihre Reformen und die dabei erzielten Ergebnisse zu loben. Schulterklopfen ist angesagt.

BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker: „Im Zuge der Reform der BA haben alle Arbeitsagenturen einen Leistungssprung gemacht. Trotzdem sehen wir, dass es einigen Agenturen besser als anderen gelingt, Arbeitslose schneller in Beschäftigung zu bringen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Die Erfolgsfaktoren der Besten sind vor allem schnelle und konsequente Betreuung von arbeitslosen Menschen und stringente Führung und Ausrichtung an den Zielen.“

Doch die dahinter liegenden Details der Vermittlungsergebnisse werden nicht der Öffentlichkeit präsentiert, übrig bleibt ein Fleckenteppich von roten und grünen Punkten auf der bundesrepublikanischen Landkarte, deren Interpretationsbreite unendlich zu sein scheint. Und mit den Zielen und Zahlen des Vermittlungsvergleichs glauben die Nürnberger Arbeitsbürokraten, Transparenz zu schaffen.

Ziele der Arbeitsagenturen

Ziele der Arbeitsgemeinschaften

●Arbeitslose schnell in Beschäftigung bringen
●Arbeitslosigkeit vermeiden
●Kundenzufriedenheit erhöhen
 
• weniger hilfebedürftige Menschen
• weniger Ausgaben für Arbeitslosengeld II

Wege zum Ziel

Wege zum Ziel

●Potenziale der Kunden bestmöglich erkennen und nutzen
●frühzeitige Aktivierung und Förderung der Kunden
●Stellen schnell und passgenau besetzen
• schnelle Aktivierung von Neukunden
• gutes Fallmanagement
• große Nähe zu den Kunden
• funktionierende arbeitsmarktpolitische Programme
• Förderung und Fordern
• konsequentes Vorgehen gegen Leistungsmissbrauch

Die Bundesrepublik im Stellenvermittlungs-Ampel-Status

Arbeitsagenturen auf dem ersten Platz im jeweiligen Vergleichstyp
Quelle: BA

 

Arbeitsagenturen auf dem letzten Platz im jeweiligen Vergleichstyp
Quelle: BA

 

Arbeitsgemeinschaften auf dem ersten Platz im jeweiligen Vergleichstyp
Quelle: BA

 

Arbeitsgemeinschaften auf dem letzten Platz im jeweiligen Vergleichstyp
Quelle: BA

Jobcenter Plus

Ein Blick über den Tellerrand zeigt allerdings auf, daß staatliche Arbeitsämter für mehr Transparenz sorgen können. 

Die britische staatliche Arbeitsvermittlung "Jobcenter Plus" hat ein übersichtliches Monitoring Konzept implementiert, das Zielvorgaben und Erfüllungsgrad ermittelt und öffentlich verfügbar macht. Das Konzept basiert auf einem Punkte-System. Jeder Jobcenter-Distrikt, der Stellensuchenden zu Jobs verholfen hat, verdient damit Punkte in der Vermittlungsstatistik.

Stellensuchende werden nach Priorität gewichtet, je höher die Priorität um so mehr Punkte werden gutgeschrieben. Die erfolgreiche Vermittlung einer arbeitslosen alleinerziehenden Person oder einer behinderten Person wird mit 12 Punkten gewichtet. Personen, die seit mehr als 6 Monate beschäftigungslos sind, werden mit 8 Punkten gewichtet. Ein bereits beschäftigter Stellensuchende, der seinen Job wechselt, wird hingegen mit 1 Punkt gewichtet.

Für alle britischen Arbeitsamtsbezirke werden die Zielvorgaben anhand der als arbeitslos oder stellensuchend gemeldeten Personen ermittelt (Total Job Outcomes), gewichtet mit dem jeweiligen Status (Overall Points). Daraus ergibt sich die Punktvorgabe als Ziel, die tatsächlich erzielten Vermittlungsergebnisse werden dann ebenfalls in den entsprechenden Punkte-Wertungen berechnet und als Zielerfüllung (Achievement against profile) monatlich veröffentlicht.

Warte, warte nur ein Weilchen...

In einer Rede vor der "Corporation of London" zog der damals amtierende Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit eine Schlussfolgerung aus seinem Erfahrungsaustausch mit dem britischen Jobcenter:

"Ihre Maßnahmen zur Eingliederung von Sondergruppen des Arbeitsmarktes - "New Deal" - oder die Incentives zur Aufnahme auch niedrig bezahlter Tätigkeiten und die Zusammenführung von Sozialleistungen und Arbeitsförderung im Job-Center-Plus haben uns in Deutschland aktuell inspiriert. Sie sind ein wesentlicher Grund dafür, dass ich heute zu Gast bei Ihnen bin. Ich möchte gerne von Ihren Erfahrungen profitieren. Sie sind offensichtlich eines der derzeit besten - wenn nicht das beste - Beispiel in Europa für moderne Arbeitsvermittlung."

Offensichtlich lag der oberste Dienstherr der Bundesagentur für Arbeit richtig. Doch die BA lässt sich Zeit, viel Zeit sogar, um die vom Jobcenter praktizierte und von der BA selbst oft angekündigte Transparenz umzusetzen. Wolfgang Clement hielt diese Rede am 12. Juni 2003.

Jobvermittlung: Soll-Ist-Vergleich Year-to-date (April 2006-Feburar 2007)

District Total Job Outcomes Overall Points Achievement against profile Ranking
Surrey & Sussex 41009 256748 89,4% 1
Norfolk 20183 120941 89,2% 2
Hampshire 35783 222981 88,7% 3
Dorset & Somerset 24337 154777 88,4% 4
Berks, Bucks & Oxfordshire 35583 219258 88,4% 5
Central London 12215 103057 86,9% 6
West of England 21573 147245 86,4% 7
Cambridgeshire & Suffolk 29717 175572 86,4% 8
Essex 33577 201001 86,2% 9
Lincolnshire & Rutland 17196 102666 85,7% 10
West London 32451 208847 85,7% 11
Cumbria 12088 82289 85,4% 12
Gloucestershire, Wiltshire & Swindon 24253 150472 85,3% 13
Derbyshire 24941 164887 84,9% 14
Nottinghamshire 29077 206803 84,1% 15
Cheshire & Warrington 21147 126412 84,1% 16
The Marches 27291 159288 83,8% 17
City and East London 18602 219465 83,8% 18
South London 39385 274276 83,6% 19
Bedfordshire & Hertfordshire 31176 186051 83,3% 20
Devon & Cornwall 42575 258996 83,1% 21
Leicestershire & Northamptonshire 39885 255715 83,0% 22
North & North East London 35221 277073 82,4% 23
North and East Yorkshire and the Humber 44280 288565 81,9% 24
Greater Manchester East & West 48884 333781 81,5% 25
Lancashire 42880 289407 81,2% 26
Kent 32003 193114 80,6% 27
Lambeth, Southwark and Wandsworth 20121 180572 80,5% 28
West Yorkshire 58769 407183 80,4% 29
Black Country 34770 245056 79,9% 30
Tees Valley 23426 175223 79,9% 31
North & Mid Wales 20091 126279 79,8% 32
Staffordshire 26585 166242 79,7% 33
South Wales Valleys 22591 179780 79,4% 34
South Yorkshire 37339 264252 78,8% 35
South East Wales 22246 148196 78,7% 36
Liverpool & Wirral 26136 208696 78,7% 37
Coventry & Warwickshire 21260 131236 78,6% 38
Forth Valley, Fife & Tayside 31401 206058 78,4% 39
Edinburgh & Lothian & Borders 25498 150265 78,4% 40
Greater Manchester Central 28884 240268 77,8% 41
Greater Mersey 23111 174218 77,5% 42
South West Wales 19193 141298 77,1% 43
Northumbria 30024 204695 76,3% 44
South Tyne and Wear Valley 31865 232367 76,1% 45
Birmingham & Solihull 34573 289621 75,9% 46
Glasgow 24100 202499 75,6% 47
Ayrshire, Dumfries & Galloway & Inverclyde 19731 142730 73,9% 48
Highlands, Islands, Clyde Coast & Grampian 33642 227329 73,4% 49
Lanarkshire & East Dunbartonshire 23551 162726 71,7% 50

Total: 
 
1456219 9986476 81,2%  
Quelle: Jobcenter Plus UK        

Zusätzlich zu der Jobvermittlungs-Performance veröffentlicht das britische Jobcenter Leistungsvergleiche über weitere Service-Bereiche.

bullet Helping people into work – the Job Outcome target 
bullet Cutting fraud and error – the Monetary Value of Fraud and Error target    
bullet Helping employers to recruit – the Employer Outcome target      
bullet Helping all our customers – the Customer Service target       
bullet Doing the right thing at the right time – the Business Delivery target     
bullet Timely processing of benefit claims – the Average Actual Clearance Time (AACT) target  

 

 Weiterführende Links
 
bulletPressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit:
Lernende Organisation - BA vergleicht Leistungsfähigkeit operativer Einheiten
 
bulletBA: Statistische Details:
Leistungsfähigkeit von Arbeitsagenturen und ARGEn
 
bulletJobcenter Plus:
Performance Monitoring Details
 
bulletHeise Online:
Arbeitsvermittlung hat Vorrang vor Datenschutzbedenken
 
bulletSozialgericht Fulda:
Urteil im Verfahren Kreissozialamt gegen BA
 
bulletSozialticker (Pressemeldung bei OpenPR):
Desaströse Vermittlung in Arbeit
 
bulletSozialticker (Pressemeldung bei OpenPR):
Resignieren die ARGEn bei der Arbeitsvermittlung?
 
bulletJammern statt Visionen:
Modernisierung der Arbeitsverwaltung kommt nur langsam voran.

 
 Was ist eine Optionskommune?


Das Optionsmodell ist ein Feldversuch für die Betreuung von Arbeitslosen in Deutschland. In 69 Kommunen sind für die Bezieher des ab Anfang 2005 bestehenden Arbeitslosengeldes II nicht die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen gemeinsam zuständig, sondern ausschließlich Städte oder Gemeinden.

Das Modell ist Ergebnis eines Kompromisses zwischen der rot-grünen Bundesregierung und der CDU/CSU-Opposition aus dem Jahr 2004. Die Opposition hatte ursprünglich eine ausschließliche Zuständigkeit der Kommunen in ganz Deutschland gefordert. Sie erhoffte sich dadurch mehr Nähe zum Bürger und höheren Konkurrenzkampf zwischen den Kommunen um den besten Erfolg und neue Modelle der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen.

Das Optionsmodell wird nun seit 01.01.2005 befristet auf sechs Jahre (bis 31.12.2010) ausprobiert. Neu für die teilnehmenden Städte und Gemeinden ist, dass sie sich nun auch um die Vermittlung von Arbeitslosen kümmern. Bisher waren hierfür die Agenturen für Arbeit zuständig. Städte und Gemeinden, die merkten, dass sie sich übernommen haben, konnten die Zulassung 2006 an die Arbeitsagenturen zurückgeben. Hiervon wurde von keiner zugelassenen Optionskommune Gebrauch gemacht. Für das von den Kommunen ausgezahlte Arbeitslosengeld II und die Verwaltungskosten kommt der Bund auf.
(Quelle: Wikipedia.de)

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