Mitarbeiter gesucht? Der Markt ist leer gefegt
Ein Gastbeitrag von Helmut König, Inhaber
Personalberatung Königskonzept, Münzenberg
[Crosswater Systems]
18.6.2007
Die Konjunktur brummt und der Arbeitsmarkt ist leer
gefegt. Keine Fachkräfte, angefangen beim Facharbeiter,
sind zu bekommen. Das einzige, was es gibt, sind
Leiharbeiter, aber selbst Leiharbeiter können keine
dritte Schicht besetzen ohne fachlich fundierte
Schichtführer, Elektriker und Schlosser. Selbst
Leiharbeiter können keine Baustelle abwickeln ohne einen
Altgesellen oder Meister, der die Baustelle führt. Dazu
hat man vergessen, Auszubildende auszubilden, ein großer
Teil der über 50-jährigen denken mehr an Rente als an
Arbeit.
Alle schon in Rente?
Spätestens mit 50 fängt ja der Normalbürger an, sich auf
seine Rente vorzubereiten, seinen Lebensabend zu planen
und das schnöde Dasein der Arbeit hinter sich zu lassen.
Wenn er nicht sogar vorgezogen mit 50, 55 oder
spätestens mit 60 in Rente geht. Wie wichtig Menschen
über 50 für den Arbeitsmarkt sind, zeigt eine Umfrage
aus dem Jahr 2006 der Stadt Frankfurt, bei der man
Mitbürger ab 50 Jahre zu altengerechtem Wohnen und Leben
befragt hat. Da ist das Senioreneinstiegsalter schon
festgelegt. Und jetzt sollen diese Menschen sich noch 2
Jahre länger bis zur Rente quälen?
Aufbau West
Wir hatten mal eine Zeit, da war das anders. Das waren
die Aufbaujahre bis in die 70er Jahre hinein, wo
Menschen sich für ihren Betrieb eingesetzt haben, wo
Motivation zur Arbeit da war und Führungskräfte und
Mitarbeiter zusammen an einem Strick gezogen haben. Da
hat niemand mit 50 über seine Rente nachgedacht. Und da
wurde ausgebildet auf Teufel komm raus. Aber dann hat
man begonnen, den Mitarbeitern in den Unternehmen die
Lust an der Arbeit gründlich auszutreiben.
Schluss mit Lustig
Die Entmenschlichung in Unternehmen mit dem Focus auf
kostengünstigen Produktionsfaktoren hat Mitarbeitern den
Spaß an der Arbeit verdorben. Niemand hat bedacht, dass
der Produktionsfaktor Mensch in seinem Leistungsniveau,
wenn er motiviert ist, gar nicht zu kalkulieren ist. Die
zunehmende Verschlankung der Unternehmen hat den Trend
zur Lustlosigkeit noch weiter vorangetrieben. Die
geringeren Ausbildungszahlen liegen zu einem Großteil
sicher auch daran, dass die erfahrenen Mitarbeiter über
50 freigesetzt worden sind und somit als Ausbilder nicht
mehr zur Verfügung stehen. Heute sind wir so schlank,
dass wir die Aufträge nicht mehr schaffen, die uns
unsere Kunden schicken.
Neue Aufgaben für Manager
Und heute steht man vor dem Problem, dass die neuen
Führungskräfte technische Spezialisten sind, die
eigentlich nie für eine Managementaufgabe vorgesehen
waren. Diese Führungskräfte müssen jetzt ihr ganzes
Fachwissen über Bord schmeißen, denn als Leiter einer
Abteilung braucht man ganz andere Qualifikationen. Man
muss Mitarbeiter führen und nicht technische Probleme
lösen. Das hat aber niemand dieser Spezialisten gelernt.
Das führt zu der Gefahr, dass Demotivation und Unlust
auch bei den jüngeren Mitarbeitern dieser Führungskräfte
um sich greift. Dieser gordische Knoten ist noch nicht
zerschlagen, manchmal kann man glauben, selbst das
Schwert hierfür ist noch nicht geschmiedet.
Neue Arbeitsplatzmodelle
Es wird gewaltiger Anstrengungen bedürfen, um diese
Schieflage wieder auszugleichen. Es müssen Arbeitsplatz-
Arbeitshierarchie- und Arbeitszeitmodelle gefunden
werden, um die Erfahrung ab 50 zurück in die Unternehmen
zu bekommen. Das Schulsystem, das heute junge Menschen
nicht mehr auf ein Arbeitsleben vorbereitet, muss sich
reformieren. Industrie und Handwerk muss das
Ausbildungssoll übererfüllen und durch geeignete
Maßnahmen die schulischen Versäumnisse ausgleichen.
Qualifikation und Kompetenzentwicklung
Die Kernaufgabe des Vorgesetzten muss Qualifikation- und
Kompetenzentfaltung der Mitarbeiter werden, nicht mehr
und nicht weniger. Er muss die Teams mit Leben erfüllen,
die er führt. Die Persönlichkeitsentwicklung dieser
Teams wird dann auch die des Vorgesetzten fördern.
Solche Teams diskutieren nicht über Dinge wie
Arbeitszeit oder Arbeitkraft, Innovation oder
Motivation, sie kreieren ihren Markt. Solche Teams sind
schwer zu führen, denn sie bestehen aus eigenständigen
Individuen. Aber die Eigenständigkeit ist das
Erfolgskapital. So etwas kann kein Produktionsfaktor
kalkulieren. Führungskräfte, die diesen Trend verpassen
oder sich ihm verweigern, werden im Wettbewerb nicht
bestehen können, sie werden aussterben oder zusammen mit
ihren auf Produktionsfaktoren bedachten Unternehmen
untergehen.
Unernehmen und Führungskräfte der neuen Generation
werden die Mitarbeiter haben oder bekommen, die sie für
die Entwicklung ihrer Geschäftsaktivitäten brauchen.
Dabei ist Investition in Aus- oder Weiterbildung eine
notwendige Selbstverständlichkeit.
[Helmut König]
Der Autor ist Inhaber der Personalberatung Königskonzept
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