IAB zum Ausbildungsstellenmarkt: Das Problem ist
größer als die Lehrstellenlücke
Ende September 2006 waren laut Statistik der
Bundesagentur für Arbeit (BA) bundesweit 49.500
Lehrstellenbewerber noch nicht vermittelt. Die Zahl der
neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge lag mit 576.500
zwar etwas höher als im Vorjahr (550.000). Dennoch war
die Lehrstellenlücke, das heißt die Differenz aus den
49.500 als nicht vermittelt ausgewiesenen Bewerbern und
den 15.500 unbesetzten Lehrstellen, mit 34.000 am Ende
des Vermittlungsjahres 2006 größer als im Jahr zuvor
(28.000). In einer neuen Studie weisen
Arbeitsmarktforscher des zur BA gehörenden Instituts für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zudem darauf
hin, dass die schwierige Lage am Ausbildungsstellenmarkt
durch diese Zahlen nur unvollständig widergespiegelt
werde. Nur jeder Zweite bei der BA registrierte Bewerber
konnte in eine Lehrstelle vermittelt werden. Die andere
Hälfte der Jugendlichen absolviert stattdessen eine
schulische Nach- oder Weiterqualifizierung oder eine
berufsvorbereitende Maßnahme, begann ein
Arbeitsverhältnis statt einer Berufsausbildung oder war
"anderweitig verblieben".
Der alternative Verbleib der nicht vermittelten Bewerber
sei nicht immer nur eine "second best"-Lösung, schreiben
die Arbeitsmarktforscher in ihrer Studie. Bei einem Teil
konkurriere die duale Ausbildung mit anderen
Ausbildungsmöglichkeiten. Ausbildungsstellenbewerber mit
höherer Schulbildung bewerben sich zum Teil parallel an
einer Berufsfachschule oder um einen Studienplatz.
Eine plausible Abschätzung der Unterversorgung mit
Lehrstellen ergibt sich der Studie zufolge aus folgender
Rechnung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB):
Würde man alle alternativ verbliebenen Bewerber, die -
nach einer Erhebung 2005 - ihren Vermittlungswunsch
aufrechterhielten (47.200), und diejenigen Jugendlichen,
die nach intensiver, aber erfolgloser Suche mit
mindestens 20 schriftlichen Bewerbungen eine Alternative
fanden (63.000), zu den ausgewiesenen nicht vermittelten
Bewerbern (49.500) hinzu addieren, bekäme man eine
Gesamtzahl an nicht befriedigter
Ausbildungsplatznachfrage von etwa 160.000.
Insgesamt sei also das tatsächliche Lehrstellendefizit
deutlich höher, als es die Ausbildungsplatzbilanz auf
den ersten Blick nahe lege, so die Nürnberger
Arbeitsmarktforscher.
Besonders besorgniserregend sei der hohe Anteil der
Jugendlichen, die ohne Berufsausbildung bleiben werden.
Dies hätte nicht nur negative Auswirkungen für den
weiteren Berufsverlauf der Jugendlichen: Zusammen mit
der demographischen Entwicklung würden sich die
zunehmenden Bildungsdefizite mittelfristig auch auf den
Arbeitsmarkt auswirken, geben die Arbeitsmarktforscher
zu bedenken. Wenn nicht bereits jetzt Vorsorge getroffen
werde, würden die absehbaren Engpässe bei den
Fachkräften nur noch schwer auszugleichen sein. Die
Arbeitmarktexperten des IAB sprechen sich für mehr
geförderte Ausbildungsangebote und eine bessere
schulische und sprachliche Vorbereitung der Jugendlichen
aus.
Die IAB-Studie kann unter
http://doku.iab.de/kurzber/2006/kb2806.pdf
abgerufen werden.
Quelle:
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der
Bundesagentur für Arbeit (IAB)
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Wolfgang Braun,
Christiane Spies
90327 Nürnberg
Telefon (0911) 179-1946
E-Mail wolfgang.braun@iab.de
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