Fromme Lügen gehören zum
guten Ton, wenn es darum geht, lang suchende
Arbeitswillige bei Laune zu halten. Dabei haben
Arbeitslose besonderen Anspruch darauf, dass man klar
benennt, was ihrer Rückkehr in einen Beruf alles
entgegenstehen kann.
Am Ende der Skala des misserfolgsorientierten Bewerberverhaltens stehen die
sieben biblischen Sünden. Wer ihnen anhängt, befördert
sich in das soziale Abseits – also in die moderne Form
der Hölle.
1. Todsünde: Zorn
Dass man keinen Job für Sie hat, ist nicht
persönlich gegen Sie gemeint. Vielleicht ist die
Massenarbeitslosigkeit ja vom System her bedingt.
Andererseits beschäftigen Sie sich in Ihrer Situation
besser damit, sich selber Arbeit zu machen, als das
System zu verwünschen. Auch auf die Vertreter in
Management, Politik und Gewerkschaft zu belfern hat
etwas zutiefst Verlogenes. Wer von den Herren dort
oben redet, siedelt sich selbst ganz unten an.
Bei aller höflichen Betroffenheit der Jobinhaber: Nichts
trifft im Grunde mehr auf tiefstes Unverständnis als der
Zorn der Arbeitslosen. Danke für die unfreundlichen
Hinweise, aber wir sind alle damit beschäftigt, zu
überleben.
Dass Sie zur Zeit beruflich nicht integriert sind, das
ist für Sie und für das System gleichermaßen ein
gravierender Nachteil. Arbeiten Sie, arbeiten Sie mit
anderen voller Nachdruck daran, dass Sie eine
Beschäftigung finden. Doch dafür brauchen Sie einen
klaren, nicht durch Zorn oder Ressentiments getrübten
Blick.
2. Todsünde: Trägheit
Sobald man arbeitslos wird, erlebt man, dass die
Allgemeinheit anscheinend wenig von einem erwartet und
sich noch weniger mit einem beschäftigen will. Das
eigene Zeitbudget wächst ins Grenzenlose. Die Tage
verrinnen einem zwischen den Fingern.
Zu jedem Zeitpunkt Ihres Lebens ist Zeit allerdings Ihr
kostbarstes und knappstes Gut. Gerade Arbeitslose haben
nicht unendlich viel davon. Die Zeit läuft ihnen davon,
während sie recherchieren, kontakten, sich präsentieren,
Ideen entwickeln, sich weiterbilden und Know-how
erwerben, sich selber Arbeit machen, anderen Arbeit und
Sorgen abnehmen, sich beschäftigen und insgesamt sich
selbst, ihre Agenten, Berater, Betreuer auf Trab halten.
3. Todsünde: Neid
Neiden Sie den Menschen in Arbeit nicht ihren Job.
Sehen Sie Arbeit nicht als im Grunde reichlich
vorhandenes Gut an, das man nur gerecht verteilen müsste.
Definieren Sie dagegen Arbeit als etwas, das Sie sich
selber schaffen.
Erfolg beneidet man nicht. Man kopiert ihn.
Freiberufler, Selbständige und andere engagierte Leute
erfahren beglückt, dass sich ihr Einsatz, ihre
Aufbauarbeit und ihre Vorleistungen auf lange Sicht
auszahlen. Folgen Sie ihnen. Achten Sie nicht auf den
Besserwisser in der Zeitung oder im Webforum, der das
Konzept, dass man sein eigener Unternehmer ist,
kapitalismuskritisch belächelt. Dahinter steckt der Neid
des Konkurrenten oder parasitärer Hochmut
4. Todsünde: Habsucht
Wenn Sie heute die Wahl haben zwischen staatlicher
Grundversorgung und einem schlechter bezahlten Job,
nehmen Sie den Niedriglohn-Job. Es ist leichter, aus
einer Beschäftigung in die nächste und bessere zu kommen
als sich aus einer ewig fortlaufenden Jobsuche heraus
irgendwo hinein zu hieven.
Lassen Sie sich ebenso wenig auf die Angebote ein, ohne
große Anstrengung schnelles Geld zu machen. Es gibt
gewiss Märchen und Wunder, aber kein Wunder, das man
zuerst jemandem abzukaufen hat, hat jemals
geklappt.
5. Todsünde: Hochmut
In Zeiten echter Not gibt man Ansprüche auf eine
bestimmte Jobposition auf. Machen Sie sich klar: Eine
mehrmonatige erfolglose Suche nach einem Broterwerb ist
der existentielle Notfall schlechthin.
Die hochmütige Ablehnung eines miesen Jobs resultiert
auch aus der Angst, dass man dann niemals mehr in seinen
angestammten Beruf zurückkommt. Wer die
Arbeitsbiographien in der heutigen Welt kennt, der kann
aber nur konstatieren: Das Arbeitsleben ist eine wahre
Achterbahn. Wir leben in interessanten Zeiten. Nehmen
wir besser, was da kommt.
6. Todsünde: Wollust
Mehr Muße für die Freuden der Konsum- und
Spaßgesellschaft zu haben ist kein glücklicher
Nebeneffekt der Arbeitslosigkeit, sondern leider nur die
nächste Eskalationsstufe der privaten Depression. Jede
Vergnügung erinnert Jobsuchende nur an die größere
Freude, die sie hätten, wenn sie sich jetzt in einer
Mannschaft oder für andere nützlich machen könnten.
Eine Arbeitslosigkeit übersteht man am besten, indem man
sich selbst in die Pflicht nimmt und nicht viel mehr für
seine Freizeit reserviert, als wenn man in Arbeit wäre.
7. Todsünde: Völlerei
Alles mitnehmen, was der Staat einem bietet, macht
Sie nicht wirklich satt. Staatliche Leistungen sind ein
bisschen wie Entwicklungshilfe: Das Geld hilft meist nur
denen nachhaltig, die sich auch selber helfen können.
Stopfen Sie nicht wahl- und kritiklos in sich hinein,
was Sie an Maßnahmen und Fortbildungen ergattern können.
Ihr Lebenslauf darf nicht so aussehen, als bestünde er
im Wesentlichen aus Warteschleifen mit
Zwischenabstürzen. Selbstinitiierte, punktuelle
Weiterbildungen verschaffen Ihnen Wettbewerbsvorteile.
Gleichen Sie Ihr Leistungsprofil immer mal wieder mit
den Marktanforderungen ab. So steuern Sie weit besser
Ihre Vermarktungsfähigkeit.
Und die Bewerbertugenden? Da gibt es einige: Haltung
bewahren. Die eigenen Defizite und Chancen klug abwägen.
Seine Eigenverantwortung nicht von sich schieben. Sich
nicht selber ins Abseits stellen. Sein Leben selbst in
die Hand nehmen. Bereit sein, sich zu entwickeln und
sein Leben zu verändern.
Ein Gastbeitrag von Gerhard Winkler,
www.jova-nova.com
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