Arbeitslosigkeit in Deutschland - inzwischen
wurden die schlimmsten Befürchtungen
übertroffen. Die Arbeitslosenzahl wird 2005 im
Jahresmittel 4,75 Millionen betragen. Damit sind
dann im Schnitt 370.000 mehr Menschen ohne
Arbeit als im Jahr zuvor, wie das Institut für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
ermittelte. Zwar sind rund zwei Drittel des
Anstiegs auf die Zusammenlegung der
Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Zuge der
Hartz-Reformen zurückzuführen, doch letztendlich
sind mehr Menschen betroffen als im Vorjahr.
Angesichts dieser Entwicklung hat EMNID im
Auftrag von Jobware gefragt, wie die Bevölkerung
die zukünftige Entwicklung der Arbeitslosigkeit
einschätzt. In zwei Repräsentativbefragungen -
einmal vor und einmal nach der Vertrauensfrage
des Bundeskanzlers - wurde die Stimmungslage der
Deutschen ermittelt.
Abbildung 1
Das Ergebnis ist insgesamt wenig ermutigend:
Jeder zweite Bundesbürger geht davon aus, dass
sich in den nächsten zwölf Monaten hinsichtlich
der Arbeitslosigkeit nichts verändern wird. Vor
der Vertrauensfrage des Kanzlers meinten sogar
weitere 44 Prozent der Deutschen, dass die
Arbeitslosigkeit noch zunehmen wird. Jetzt,
einen Monat später, wo eine neue
Regierungsbildung im September bevorsteht, sind
die Erwartungen nach wie vor sehr gedämpft.
Allerdings ist der Anteil der Pessimisten leicht
gesunken: „Nur“ noch 39 Prozent gehen davon aus,
dass die Arbeitslosigkeit ansteigen wird. Im
Gegenzug ist der Prozentsatz der „Lethargiker“,
die keinerlei Veränderung erwarten, von 45 auf
50 Prozent gestiegen. An eine Abnahme glaubt in
beiden Umfragewellen nur jeder zehnte
Bundesbürger - ein Ergebnis, in dem sich die
weitverbreitete Verunsicherung der Bevölkerung
ausdrückt.
Diese Einstellungen ziehen sich durch alle
demografischen Gruppen, wobei insbesondere die
Berufstätigen, die von der Problematik
„Arbeitslosigkeit“ am ehesten betroffen sind,
besonders skeptisch in die Zukunft blicken.
Ihnen setzt die Angst vor einem
Arbeitsplatzverlust am meisten zu. Sage und
schreibe jeder Zweite (aktuell 48 Prozent, im
Juni 50 Prozent) erwartet eine Zunahme der
Arbeitslosigkeit. Zum Vergleich: „Nur” 29
Prozent der Nicht-Berufstätigen (Juni: 37
Prozent) glauben, dass sich die Zahl der
Arbeitslosen weiter erhöhen wird.
Die Grundtendenz in Sachen Arbeitslosigkeit ist
also insgesamt weiterhin als resignativ bis
pessimistisch zu bezeichnen. Doch angesichts von
Neuwahlen im Herbst deutet sich eine - wenn auch
marginale - Verbesserung der Stimmung an, ein
Hauch von Hoffnung.
In welche Richtung konzentriert sich diese
Hoffung? Mit Blick auf den bereits einsetzenden
Wahlkampf interessiert hier, welche Partei in
Deutschland nach Meinung der Bevölkerung die
besten Rezepte zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit hat. Die Bundesregierung aus
SPD und Grünen steht in der Dauerkritik, aber
wäre die Arbeitslosigkeit von anderen Parteien
besser zu bewältigen? Eher nicht, denn gut jeder
zweite Bundesbürger (55 Prozent) zweifelt und
kann bzw. will hierzu keine Angabe machen.
Wird allerdings eine Wahl getroffen, so
lokalisieren die Bundesbürger die Kompetenz eher
dort, wo man durch einen Wechsel die größte
politische bzw. wirtschaftliche Gestaltungsmacht
vermutet. Ein Blick auf die einzelnen Parteien
liefert eindeutige Hinweise auf den derzeitigen
Unmut der Bevölkerung und die ausgeprägte
Wechselstimmung in Deutschland. Danach gefragt,
welche Partei die besten Rezepte zur Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit hat, sieht jeder vierte
Deutsche die größte Kompetenz bei der CDU (25
Prozent), weitere 6 Prozent bei der CSU. Hinzu
kommen noch 4 Prozent für die FDP, so dass eine
schwarz-gelbe Regierung mit 35 Prozent drei Mal
soviel Vertrauenspotenzial auf sich vereinen
kann wie die rot-grüne Bundesregierung (12
Prozent).
Abbildung 2
Regionale Unterschiede fallen insofern auf, als
sich in den neuen Bundesländern ein stärkerer „Gesamtverdruss”
und auch der spürbare Anteil der Linkspartei (9
Prozent; West: 2 Prozent) bemerkbar machen.
Rot-Grün bringt es in den alten Bundesländern
zwar auf 14 Prozent, aber nur noch 7 Prozent der
Bürger im Osten sehen hier eine Kompetenz zur
Lösung der Arbeitsmarktprobleme. Und: Während
Schwarz-Gelb im Westen einen Anteil von 36
Prozent aufweist, reicht es im Osten nur zu 29
Prozent.
Verknüpft man die Entwicklung der
Arbeitslosigkeit mit der Parteienkompetenz zur
Bekämpfung dieses Problems, so zeigt sich:
"Strukturpessimismus" (also die Annahme von
weiter zunehmender Arbeitslosigkeit) geht
verstärkt damit einher, keiner politischen
Partei Lösungskompetenz in diesem Feld
zuzugestehen. Konkret heißt dies: 64 Prozent der
"Arbeitsmarktpessimisten" (= Erwartung
steigender Arbeitslosenzahlen) benannten keine
Partei im Vergleich zu nur noch 27 Prozent
derer, die einen Rückgang der Arbeitslosigkeit
annehmen.
Untersuchungssteckbrief |
Auftraggeber: |
Karriere-Portal Jobware (www.jobware.de) |
Institut: |
TNS EMNID, Bielefeld |
Methode: |
CATI (computergestützte Telefoninterviews) |
Grundgesamtheit: |
deutsche Bevölkerung, 14 Jahre und älter |
Stichprobe: |
1.008 Befragte, bundesweit, repräsentativ
darin: 520 Berufstätige 18-50 Jahre |
Befragungszeitraum: |
Juli 2005 |
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