Reklamesprüche von Recruitingbörsen fallen bei
Richter in Ungnade
Landgerichte in München und Hamburg verbieten unlauteren
Wettbewerb
22.6.2005 (ghk) Vor kurzem behauptete eine Jobbörse,
die Nummer 1 im deutschen Markt eingenommen zu haben -
dies wurde von dem Richter am Landgericht Hamburg auch
prompt als irreführende Alleinstellungsbehauptung
verboten. Eine andere Jobbörse behauptete, die "klare
Nummer zwei im deutschsprachigen Internet" zu sein.
Einige Wettbewerber dachten aber bei diesem (An)Spruch
eher an eine unlautere Werbung und klagten auf
Unterlassung. Nach den üblichen juristischen
Scharmützeln im Vorfeld urteilte der Vorsitzende Richter
Brackmann am Landgericht München und verbot derartige
unlautere Werbeaussagen.
Richter Brackmann führte in der
Urteilsbegründung aus, daß (bei einem Verstoß gegen das
UWG) nicht schon die Glaubhaftmachung der
Spitzenstellungswerbeaussage gemäß einzelner
Kriterien genügt. Wer nach allen Kriterien
eindeutig eine Spitzenposition nachweisen kann, darf mit
dieser auch werben. Dies ist jedoch in der noch jungen
Branche der Jobbörsen schwierig, da nicht eindeutig ist,
welche Kriterien maßgeblich sind und wie man diese mißt.
Wer eine Spitzenstellungsbehauptung in bezug auf ein
bestimmtes Kriterium tätigt, muss glaubhaft machen
können, dass ihm diese Spitzenstellung in bezug auf das
benannte Kriterium auch zukommt.
Wer pauschal behauptet, eine
Postion X einzunehmen, muß glaubhaft machen können, daß
er nach allen maßgeblichen Kriterien die
Nr. X ist. Wichtig ist hier eine präzise Abgrenzung des
Markt-Segments: Bezieht sich eine Marktposition X auf
das Segment der privatwirtschaftlichen Jobbörsen oder
gar auf den Gesamtmarkt unter Einbezug der
öffentlich-rechtlichen Jobbörsen (d.h. des Virtuellen
Arbeitsmarkts der Bundesagentur für Arbeit)?
Vorsicht ist geboten: In der
Jobbörsen-Branche gibt es noch keine Klarheit, welche
Kriterien maßgeblich sind. Demzufolge ist bei pauschalen
Spitzenstellungsbehauptungen schon von Anfang an eine
präzise Formulierung der Kriterien notwendig, denn
derjenige, der die Spitzenstellung behauptet, hat die
Beweislast. Als Verstoß genüge es schon, wenn in der
Werbung auf keine einzelnen Kriterien, wie z.B. die Zahl
der Stellenanzeigen, Zahl der Nutzer bzw.
Webseitenzugriffe hingewiesen wird, oder wenn sich der
Werbende ganz allgemein unter den Online-Stellenbörsen
die Nummer 2 zuspricht.
Unter Einbeziehung des "Virtuellen
Arbeitsmarkts" der Bundesagentur für Arbeit, den
Jobbörsen Worldwidejobs.de, Monster.de und Jobpilot.de,
musste die beklagte Jobbörse im Gerichtverfahren dann
auch einräumen, dass nicht nur der "Virtuelle
Arbeitsmarkt" sondern auch Monster.de in der
Marktposition vor ihr stehe.
Mit dieser Beweisforderung nach
konkreten objektiven Kriterien legt das Gesetz und das
Urteil des Richters den Daumen auf die Wunde der
Anspruchsbehauptung einiger Jobbörsen. Die Werbung mit
Superlativen ("die größte Reichweite") ist unzulässig,
wenn sie falsch ist oder nicht bewiesen werden kann oder
wenn es keine eindeutige Zählweise gibt. So führt der
juristisch geforderte objektive Nachweis zum Dilemma,
dass die werbende Jobbörse zwar ihre eigenen Zahlen
kennt, aber nicht immer diejenigen der Wettbewerber.
Diese Inkonsistenz wird auch noch
verschärft, daß Jobbörsen unterschiedliche Meßmethoden
nutzen und in Werbeaussagen zitieren. Dann verliert der
Konsument rasch den Überblick und kann nicht immer
beurteilen, welche Meßmethode zur Anwendung kommt und
wie diese Zahlen zustande kommen.
Die bloße Zählung der Reichweite oder anderer
quantitativen Meßgrößen einer Jobbörse und deren
Vergleich mit den Zahlen anderer Jobbörse gibt Hinweise
auf die Bedeutung und Marktposition einer Jobbörse.
Allerdings sind zusehends auch qualitative Aspekte als
Bewertungskriterien für Jobbörsen in jüngster Zeit in
den Vordergrund gerückt. Hierzu zählen die
Resonanzanalyse (wie viele Bewerbungseingänge kommen auf
eine Stellenanzeige) oder gar die Analyse der
Bewerberqualität. Zu diesen qualitativ orientierten
Bewertungsgrößen sind zur Zeit allerdings nur eine
begrenzte Zahl von neutralen Studien und Untersuchungen
verfügbar. (Siehe auch die Crosswater-Marktanalyse
Jobbörsen in Deutschland 2005, die
>>>hier kostenlos bestellt werden kann).