Danach gefragt, wie groß die Verantwortung sei,
die den verschiedenen Institutionen bzw.
gesellschaftlichen Gruppen bei der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit zukomme, sehen 82 Prozent der
Bundesbürger eine große Verantwortung bei der
Bundesregierung, gefolgt von den Unternehmen, denen
79 Prozent der Deutschen eine ähnlich große
Verantwortung zumessen. Auch den Gewerkschaften (58
Prozent), dem Bundesrat (62 Prozent) und der
Bundesagentur für Arbeit (56 Prozent) wird seitens
der Bevölkerung erhebliche Verantwortung bei der
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zugeschrieben,
freilich bei weitem nicht in gleichem Umfang.
Im Ergebnis - so scheint es - lokalisieren die
Bundesbürger die Verantwortung in erster Linie dort,
wo man die größte politische bzw. wirtschaftliche
Gestaltungsmacht vermutet. Wer sonst schließlich,
wenn nicht die Unternehmen, sollte in der Lage sein,
neue Arbeitsplätze zu schaffen; wer sonst
schließlich, wenn nicht die Bundesregierung, sollte
in der Lage sein, die hierfür notwendigen
Rahmenbedingungen zu gewährleisten? Dass die Last
der Verantwortung im Fall dieser Akteure stärker zu
Buche schlägt als im Fall von Gewerkschaften bzw.
Bundesrat ist insoweit nachvollziehbar, ebenso wie
die eher untergeordnete Verantwortung der
Bundesagentur für Arbeit, deren Rolle als bloß
„ausführendes” Organ den Verantwortungsumfang aus
Sicht der Bevölkerung von vorneherein reduziert.
Tabelle 1: Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - Wer
hat Verantwortung?
Ob groß oder klein: Einer Verantwortung, die man
hat, sollte man immer gerecht werden. Die Frage nach
dem Umfang der Verantwortung ist deshalb nur die
eine Seite der Medaille. Die andere besteht darin,
danach zu fragen, ob und inwieweit die zuständigen
Institutionen ihrer jeweiligen Verantwortung in der
Vergangenheit tatsächlich gerecht geworden sind. Das
diesbezügliche Meinungsbild der Deutschen lässt
erkennen, dass sich der Unmut auf alle
arbeitsmarktrelevanten Akteure erstreckt. Darum
gebeten, den jeweiligen Beitrag (die faktische
Leistung) der einzelnen Institutionen bzw. Gruppen
mit Schulnoten zu bewerten, hagelt es schlechte
Zensuren, so dass im Ergebnis kein einziger Akteur
eine bessere Durchschnittsnote als 4,0 erzielen
kann.
Tabelle 2: Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - Wer
ist seiner Verantwortung gerecht geworden?
Mit einem Wort: Die für die Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit zuständigen Institutionen haben das
Vertrauen der Bevölkerung weitgehend verloren. Ob
Bundesregierung, Bundesrat oder Bundesagentur für
Arbeit, ob Unternehmen oder Gewerkschaften: Die
Deutschen sind mit der Art und Weise, wie die
Arbeitslosigkeit hierzulande „bekämpft” wird,
mehrheitlich zutiefst unzufrieden, und das in der
Bewertung zum Ausdruck kommende „Misstrauensvotum”
erstreckt sich dabei, mehr oder weniger scharf
akzentuiert, auf die Gesamtheit der zuständigen
Akteure. Keine Institution und keine Gruppe ist
ihrer (jeweiligen) Verantwortung letztlich gerecht
geworden, und dies ausgerechnet bei dem
gesellschaftlichen Problem, das den Deutschen wie
kein anderes zu schaffen macht. Eine Vertrauenskrise
solchen Ausmaßes ist alarmierend, schon deshalb,
weil nicht mehr nur einzelne - ggf. austausch-,
abschaff- oder erneuerbare - Institutionen zur Rede
stehen, sondern ab einem bestimmten Punkt die
Legitimation des gesamten wirtschaftlichen bzw.
politischen Gefüges bröckelt.
Von daher wird man nicht davon ausgehen können, dass
sich das derzeitige Meinungsbild im Fall eines
Regierungswechsels im Herbst einfach in Luft
auflösen wird. Auch eine neue Regierung wird damit
konfrontiert sein - und nur durch echte Fortschritte
bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird sie den
Unmut der Deutschen besänftigen können, der sich in
den jetzigen Ergebnissen mit voller Wucht auf die
Regierung Schröder fokussiert. So bewerten 46
Prozent der Deutschen die Leistung der
Bundesregierung bei der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit mit Note 5 bzw. Note 6. Weitere 26
Prozent entscheiden sich für Note 4 und nur 28
Prozent können sich zu einer besseren Note
durchringen. Noch deutlicher fällt das Urteil im
Übrigen aus, wenn man nur die Berufstätigen
betrachtet, die Arbeitslosigkeit naturgemäß mehr zu
fürchten haben als andere Gruppen der Bevölkerung.
51 Prozent der berufstätigen Deutschen entscheiden
sich für die Noten 5 und 6, ein vernichtendes
Urteil, das die dahinter liegende Enttäuschung
unmissverständlich zum Ausdruck bringt.
Fast identisch: das Notenbild der Bundesagentur für
Arbeit, nur mit dem Unterschied, dass die
Bevölkerung die Verantwortung, die die Nürnberger
Behörde faktisch wahrzunehmen hat, von vorneherein
niedriger taxiert als im Fall der Berliner
Regierung. Ihrer jeweiligen Verantwortung sind beide
nicht gerecht geworden, aber im Fall der
Bundesregierung kommt eben hinzu, dass ihr seitens
der Bevölkerung die größte Verantwortung für die
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zugewiesen wird. Das
mag am Ende ein Irrtum sein, eine Überschätzung
dessen, was eine Regierung zu leisten vermag, zumal
in Zeiten der Globalisierung - aber der
Bundeskanzler selbst war es, der die Reduzierung der
Arbeitslosigkeit zum zentralen Maßstab erklärte, an
dem er und seine Regierung gemessen werden wolle.
Die Leute, so scheint es, haben dies nicht
vergessen. (Randolph Vollmer)