Crosswater Job Guide
Pressestimmen

 

 

 

 

Ein Mann der ersten Stunde:
Dr. Roland Metzger verlässt jobpilot

 

London, 27. Januar 2003 (Eigenbericht). Mit einer ganz unpersönlich titulierten Pressemitteilung ("Managementwechsel bei jobpilot") wird ein Kapitel geschlossen und gleichzeitig eine Personalie umschrieben, die für die Jobbörsen-Branche schon eher einen Abgang der besonderen Art darstellt. 

Dr. Roland Metzger: Der Ritt auf dem Börsenbullen endete am vergoldeten Fallschirm 
Foto: jobpilot AG

Mit dem freiwilligen Ausscheiden aus dem Adecco-Konzern nimmt Dr. Roland Metzger, Firmengründer von jobpilot AG und nach deren Übernahme durch Adecco als President, e-HR Services & Executive Search Europe tätig,  auch Abschied von seinem wohl publizitätsträchtigsten  beruflichen Lebensabschnitt.

Dabei hatte es alles ganz im Stil der dot.com-Entrepreneure begonnen, als Dr. Roland Metzger und seine Weggenossen ihre Vision von einer elektronischen  Internet-Jobbörse umsetzten. Kurzerhand gab er seine Tätigkeit als Management Consultant auf und gründete - wie viele der amerikanischen Vorbilder zuvor - zwar nicht in einer Garage doch inmitten von Umzugskartons und rudimentärer Büroeinrichtung in Oberursels Gewerbegebiet An den drei Hasen die Firma "Jobs & Adverts". 

Die Euphorie der Gründerphase wurde von verschiedenen Faktoren getragen: Der gerade beginnende Internet-Boom garantierte einen hohen Aufmerksamkeitswert in der Öffentlichkeit, mit elektronischen Stellenanzeigen brachte er auf überzeugende Weise die Nachteile und Beschränkungen der Printmedien im Anzeigengeschäft ins Kundenbewusstsein und mit erheblichen Preisvorteilen gegenüber den Printmedien war das Konzept auch auf der finanziellen Seite von Erfolg gekrönt. Und hinzu kam ein boomender Personalmarkt mit einer ausgeprägten Knappheit an IT- und Web-Experten. 

Einer für alle - alle für einen

Lothar Risch

Oliver Knoch

Pierre T. Schramm
Fotos: x-cruiting GmbH

Diese Chancen hatte auch der ehemalige jobpilot-Manager Lothar Risch frühzeitig erkannt, als er schon 1994 Chiffre Net Online entwickelte, einem auf einem Mailbox-System basierenden Prototypen einer elektronischen Stellenanzeigenbörse. Und er begeisterte Dr. Metzger mit diesem Konzept. Risch übernahm beim jobpilot-Vorgänger Jobs & Adverts die Aufgaben des Vertriebsleiters. Nach dem Börsengang von jobpilot AG wechselten dann die drei Job-Piloten Risch, Knoch und Schramm von den Drei Hasen in Oberursel nach Walldorf in Flughafen-Nähe und gründeten 2001 ihr eigenes Unternehmen. Mit der x-cruiting gmbH bieten sie als 360-Grad Recruitment-Dienstleister nahezu alle Kombinationen elektronischer und persönlicher HR-Services an um somit an das Erfolgsmuster, das sie bei jobpilot kennen lernten, anzuknüpfen. 

Wie gewonnen so zerronnen

Jobs & Adverts expandierte, bald stand der Umzug von Oberursel nach Bad Homburg an und die Firma entwickelte sich nach dem bekannten Schema vieler Internet-Gründungen. Nach 4 Jahren konnte die in der Aufbauphase kumulierte Kapitalrücklage in Stammkapital umgewandelt werden und Dr. Metzgers Anteil  daran betrug rund 35% oder 5,6 Mio. Euro. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es mit dem Internet-Service-Provider 1&1 einen ersten, wichtigen zusätzlichen Teilhaber. Auf der Welle der dot.com-Euphorie plante man, mit einem Börsengang (IPO), der zunächst mit einem Bookbuilding-Preis von ca. 35 Euro pro Aktie kalkuliert wurde, die weitere Expansion der Firma (und des eigenen Anteils daran) zu steigern. Doch kaum waren die Entwürfe der Börsenemissionsprospekte fertig, überprüften die  Konsortialbanken JP Morgan, Bank Vontobel und die WestLB Panmure nochmals die Marktlage und mussten den ursprünglich erwarteten Emissionspreis auf Euro 23.- pro Aktie herunterschrauben. 

Auch nach der Emission hielt Metzger einen Anteil von 42,8% am Grundkapital von jobpilot, der andere Groß-Aktionär United Internet (ehemals 1&1) kam auf 26.4%, der börsennotierte Streubesitz betrug 25,9%.

Wertentwicklung der von Dr. Roland Metzger gehaltenen jobpilot-Anteile. Quelle: jobpilot AG Geschäftsberichte

Die Bewertung von Internet-Gesellschaften entwickelte sich in diesen Jahren wie eine Achterbahn und machte auch vor jobpilot nicht halt. So fielen die von Dr. Metzger kontrollierten jobpilot-Anteile  im Einklang mit der Börsenentwicklung am Neuen Markt nach der Börseneinführung immer tiefer in den Keller, bis der Verkauf an Adecco letztlich noch zu einem Anteilspreis von 5,28 Euro oder 29,8 Mio Euro erfolgte.

Der Euphorie des Börsengangs folgte die dot.com-Krise und der Arbeitsmarkt in Deutschland brach mit einer Rekord-Arbeitslosenzahl von 4 Millionen Arbeitslosen ein. Im Segment des zuvor überhitzten IT-Bereichs gab es die ersten Firmenpleiten und Entlassungen. Von der mit großem PR-Aufwand vermarkteten "Green-Card" wollten die Arbeitsmarkt-Politiker dann bald nichts mehr wissen, gefragt waren nun andere PR-lastige Konzepte wie die von der Hartz-Kommission beschriebenen "Vorschläge der Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit". Die Arbeitslosigkeit stieg weiter an, einige Wortschöpfungen der Hartz-Kommission ("Ich-AG") schafften es bis an die Spitze der Hitliste zum "Unwort des Jahres".

In dieser Krisensituation  gab es für jobpilot nur noch eine Strategie: Downsizing & Survival - dem Dauer-Rivalen StepStone ging es auch nicht besser.

Mit dem Verkauf seiner Mehrheitsanteile begann Dr. Roland Metzger, das Ende seiner Visionen einzuläuten. Die Übernahme durch Adecco S.A. bescherte ihm zwar den Titel "President e-HR & Selection Europe", doch mit am Tisch saßen nun keine Eigentümer, sondern angestellte Manager, die nach der Übernahme auch die Mitarbeiter und den jobpilot-Corpsgeist in eine eher anonyme Corporate Culture transferieren sollten.

Adecco Strategie: organisches Wachstum und Übernahmen

Wie andere internationale HR-Konzerne verfolgte Adecco SA eine klare Wachstumsstrategie, basierend auf einem organischen Wachstum im klassischen Zeitarbeits-Markt und Übernahmen von High-Tech Unternehmen der Jobbörsen-Branche.

Jahr Adecco Übernahmen und Zusammenschlüsse 
1996 Kauf von Adia durch Ecco, Umbenennung des neuen Konzerns in Adecco. Kaufvolumen: SFR 1.914 Mio)
1997 Übernahme TAD Resources International (Kaufvolumen SFR 570 Mio)
1999 Übernahme Delphi (Kaufvolumen: SFR 395 Mio)
1999 Übernahme Career Staff (Kaufvolumen: Sfr 128 Mio)
2000 Zusammenschluss Adecco mit Olsten, Kaufvolumen USD 1.55 Mrd.
2000 Kauf einer 5%-Beteiligung an Jobs.com, Kaufpreis nicht bekannt gegeben
2000 Übernahme jobpilot AG, Kaufvolumen ca. 70 Mio Euro

 

jobpilot fest im Blick: Dr. Felix Weber von der Adecco-Zentrale wird wohl öfter von Cheserex (CH) nach Bad Homburg fliegen. Foto: Adecco SA 

Wie Adecco klar formulierte, bietet der Erwerb von jobpilot durch Adecco SA die Möglichkeit, das Internet weiter in die bestehenden Geschäftsbereiche von Adecco zu integrieren und neue, erfolgreiche internetbasierte Geschäftsbereiche zu entwickeln.  Als Folge der Verbindung von jobpilot und Adecco wird durch die Zusammenlegung der vorhandenen Infrastrukturen und die gemeinsame Nutzung der internationalen Standorte die Entstehung von Synergien erwartet. In einem "Business Combination Agreement" bestätigen beide, eine gemeinsame Strategie zur weiteren Verbesserung der gegenwärtigen Position im europäischen Online-Recruitment Markt durch Zusammenführung des bestehenden Geschäfts zu verfolgen. Mit der Plattform Idealjob hatte zwar Adecco zuvor bereits eine eigene elektronische Jobbörse geschaffen, doch seit dem 8. Januar 2003 werden alle Internet-Aufrufe bei Idealjob automatisch an jobpilot umgeleitet. 

Mit der Abgabe des Übernahme-Angebots, das der Verwaltungsrat von Adecco SA am 5. Februar 2002 beschloss, wurde auch eine Weichenstellung für die finanziellen Trostpflaster einiger jobpilot-Vorstände  vorgenommen.

Der goldene Handschlag

Das nach Auffassung von Adecco moderate Gehalt von Dr. Metzger wurde kräftig erhöht: Sein Fixgehalt stieg um 40% auf € 200.000.- und seine zusätzliche variable Vergütung wurde gar um 78% auf ebenfalls € 200.000.- erhöht. Auch Finanzvorstand Willi Stahlmann stellte man bei erfolgreicher Umsetzung der Übernahme im Sinne des "Business Combination Agreements" eine Bonuszahlung von einem halben Jahresgehalt ins Aussicht, doch die Anstellungsverträge von Stahlmann und Vertriebsvorstand Lennart Koch endeten damit automatisch mit der Übernahme. 

Aus der Pressemitteilung von jobpilot AG:

Bad Homburg, 22. Januar 2003. Dr. Roland Metzger, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Bad Homburger jobpilot AG, hat von seiner Option Gebrauch gemacht, seinen Anstellungsvertrag nicht zu verlängern. Dr. Metzger führte jobpilot nach der Übernahme durch Adecco im Frühjahr 2002 bis Ende Dezember 2002 weiter. Vorläufig werden die  Geschäfte vom jetzigen Alleinvorstand, Willi Stahlmann, geführt. Bis zur Berufung eines Nachfolgers von Dr. Roland Metzger wird der Aufsichtsratsvorsitzende von jobpilot und Finanzvorstand von Adecco, Dr. Felix Weber, sich persönlich stärker in der Gesamtführung des Unternehmens engagieren. „Wir danken Roland Metzger für die geleistete Arbeit beim Aufbau von jobpilot und der Integration der Firma in die Adecco Gruppe während des letzten Jahres. Wir freuen uns, dass jobpilot heute als eine der erfolgreichsten europäischen Internet-Firmen zu unserer Firmengruppe gehört“, sagt Dr. Felix Weber. „Wir sind überzeugt vom Zukunftspotenzial dieses Geschäfts und werden uns dafür engagieren, jobpilot als führendes europäisches Karriereportal weiter zu entwickeln.“
 

Adecco konnte sich diese finanziellen Trostpflaster durchaus leisten, hatte sie doch die gesamte Übernahme von jobpilot AG quasi aus der Portokasse beglichen. Der  Konzern, der im Jahre 2001 einen Gesamtumsatz von € 18.4 Milliarden erzielte, formulierte bei Angebotsabgabe - mit typisch Schweizer Understatement,  über "ausreichend liquide Mittel und offene Kreditlinien" zu verfügen.  Für Lennart Koch war es allerdings nur ein kurzes Gastspiel in Bad Homburg. Der 43jährige Koch kam vom skandinavischen Unternehmen Wideyes, einem e-Recruitment- Software-Unternehmen,  das zwischenzeitlich von der Monster-Mutter TMP Worldwide übernommen wurde. Bei jobpilot  bekleidete Koch seit dem 1. Januar 2002 die Vorstandsposition "Sales". Dieser Anstellungsvertrag endete allerdings abrupt und früher als erwartet, als Adecco die Karten zur jobpilot-Übernahme auf den Tisch legte.  

Die im  "Business Combination Agreement" dargelegten  Ziele der Integration und Synergiebildung kehrten sich jedoch für jobpilot-Vertriebsmitarbeiter auf der nächsten Führungsebene ins Gegenteil um: Verkaufsleiter Günter Seidel wurde von seinen Aufgaben entbunden, alle sechs Gruppenleiter wurden entlassen und mit Kadir Güngör holten sich die Bad Homburger einen Vertriebschef von Monster.de aus Wiesbaden. Dieser berichtet an den Country Manager Germany, eine Position, die von Christopher Funk in Personalunion mit seinem Vorstandsjob als Vice President Product Development wahrgenommen wird. 

jobpilot erzielt nach wie vor in den qualitativ orientierten Schönheits-Wettbewerben Bestnoten der Medien-Auguren und ihrer Marktforscher und setzte sich in der aktuellen Bewertung von Website Trend / Horizont als Branchenprimus knapp vor StepStone durch. 

Trotz Suche nach Synergie-Effekten: Keine Trendumkehr beim Rückgang der Online-Stellenanzeigen in Sicht

Doch bei den wichtigen Frühindikatoren des Geschäftsverlaufs, den platzierten Stellenanzeigen,  konnten Funk und Güngör den langanhaltenden Abwärtstrend nicht stoppen. Dauer-Rivale StepStone ging es dabei fast noch schlimmer. Ob die viel beredete Suche nach Synergie-Effekten im Adecco-Konzern oder die Zusammenlegung mit dem Adecco-Jobportal Idealjob den Trend umkehren kann, bleibt angesichts der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt in Deutschland offen. 

Dass die Führungspositionen bei Jobbörsen nicht immer eine lange Verweildauer mit sich bringen, merkte man auch bei der TMP-Tochter Monster.de. Dort verabschiedete sich der 31jährige Gunther Batzke vom Geschäftsführerposten und die Versum AG in Düsseldorf wurde zum Jahresende 2002 geschlossen und Jürgen Reimers, Guido Oboda und Frank Parlow mussten zum Exit. Für Parlow war der Weg zurück in den Anzeigenvertrieb der Financial Times Deutschland in Düsseldorf allerdings kurz und logisch konsequent. 

Grandseigneur der Branche

Dr. Randolph Vollmer: Leitet seit 1995 jobware in Paderborn Foto: jobware 

Der Rang als Grandseigneur der Jobbörsen-Branche bleibt nun vermutlich Dr. Randolph Vollmer vorbehalten, der - fast zeitgleich wie Dr. Metzger - die Jobbörse Jobware 1995 in Paderborn aufbaute und zu einem qualitativ hochwertigen Web-Portal ausbaute und mit zahlreichen HR-Dienstleistungen (z.B. Jobware Consult) verknüpfte. Obwohl Dr. Vollmer auch den wirtschaftlichen Grundregeln Tribut zollen musste und die Jobware-Niederlassung in der Eschborner Mergenthaler Allee schloss, stehen dem promovierten Sozialpsychologen als "gelernter" Personalberater nach wie vor die Türen zu Deutschlands Top-Unternehmen offen.

Quo Vadis, Dr. Metzger? Über ein halbes Jahr hatte Dr. Metzger Zeit, sich die Frage nach einer neuen beruflichen Herausforderung zu beantworten oder herauszufinden, wie lange ihn die neue Corporate Culture bei Adecco SA begeistern würde. Konsequent ließ er die Option der Vertragsverlängerung auslaufen und durch sein freiwilliges Ausscheiden aus dem Adecco-Konzern ist er nun wieder sein eigener Herr. Mit einer aus dem jobpilot-Verkauf prall gefüllten privaten "Kriegskasse" ist der 47jährige Unternehmer vermutlich wenig geneigt, seine Karriere auf dem Golfplatz ausklingen zu lassen. Mit Dr. Roland Metzger verliert die strapazierte Jobbörsen-Branche  (vorläufig) einen der profiliertesten Unternehmensgründer und Visionär.

 

 

 

 

 

 

 

 

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