Crosswater Job Guide
Marktübersicht

 

 

 

 

Der Virtuelle Arbeitsmarkt der Bundesanstalt für Arbeit:
Sommertheater oder ordnungspolitische Grundsatzdiskussion mit den etablierten Jobbörsen?

2. September 2003.
Die aktuelle Diskussion um den Virtuellen Arbeitsmarkt (VAM) der Bundesanstalt für Arbeit hat nach dem Abbruch der Gespräche mit den etablierten Jobbörsen an Intensität und Brisanz zugenommen und zunehmend werden grundsätzliche Argumente aus der wirtschaftsliberalen Ordnungspolitik angeführt. Staatlicher Zentralismus gegen dezentrale Netzwerke - so lautet die griffige Formel. Dahinter stehen die Schwächen im Umsetzungskonzept des VAM und die Wettbewerbspositionen der kommerziellen Jobbörsen.

Schon der erste Öffentlichkeitsauftritt des Projektes VAM auf der CEBIT 2003 in Hannover geriet zum PR-Desaster der BA: Die Präsentation des von der Beratungsfirma Accenture, dem Generalunternehmer des VAM-Projekts, entwickelten Prototyps verursachte bei den kommerziellen Jobbörsen heftiges Stirnerunzeln, wurden sie doch durch diesen Protoyp zwar nicht ganz überrascht. Aber die Behauptung, dass alles in Kooperation mit den Jobbörsen geschehe, war doch etwas zu weit gegriffen.

Einige Monate später setzte man - zunächst einvernehmlich - die Gespräche in Nürnberg fort und es schien, dass Vernunft und Kooperationsbereitschaft die Oberhand gewonnen hätte. Doch das nächste publizistische Fettnäpfchen war nicht weit, und eine einseitige Ankündigung der BA im August 2003 über einen geplanten Einsatz der Job-Roboter-Technik sorgte dann gleich wieder für ausreichende Animositäten.

Ralf Baumann, Vorstand StepStone Deutschland AG, erläutert das offene Marktkonzept als Alternative zum VAM der BA:
  
 Die BA schafft eine Plattform, die alle bestehenden seriösen Anbieter einbindet.
  
 
Das Arbeitsamt wird zum intelligenten Verteiler in einem Netzwerk von Spezialisten, die die Vermittlung Arbeitssuchender verbessern und beschleunigen.
  
 
Dabei werden die Schwerpunkte und Stärken der jeweiligen Online-Stellenmärkte berückscihtigt (zum Beispiel Schwerpunkte Tourismus, Gastronomie, Ingenieure, Regional, Fach- und Führungskräfte etc.)
  
 
Die Bedürfnisse der Bewerber und Kunden werden abgefragt und sie werden daraufhin automatisch auf diejenigen Plattformen gelenkt, welche diesen Bedürfnissen am ehesten gerecht werden können.
  
 
Zu den weiter bearbeitenden Plattformen gehören das Arbeitsamt ebenso wie private Anbieter, die im Wettbewerb untereinander vermitteln.
  
 
Die Online Stellenmärkte beteiligen sich, indem sie entsprechende Stellensuchende des Arbeitsamtes in ihre Stellenmärkte integrieren und ihren Kunden präsentieren.
  
 
Sie entlasten die Arbeitsämter bei der Vermittlung von Marktkunden, vorrangig aus dem Fach- und Führungskräftebereich.
  
 
Die BA könnte ihre Ressourcen so auf die unterstützungsbedürftigen Beratungs-, Betreuungs- und Integrationskunden konzentrieren.

Es dauerte nicht lange bis die führenden Jobbörsen - sonst eher an einen intensiven Wettbewerb untereinander gewöhnt - auf eine Linie einschwenkten und in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Frankfurt/M die lange Liste an Argumenten aus der liberalen Wirtschaftsordnungspolitik deutlich machten und ein alternatives Marktkonzept - basierend auf bestehenden vernetzten und dezentralen Jobbörsen - propagierten. (Die Pressemitteilung >>>hier)

Die Zusammenarbeit der vier Jobbörsen wird in Form einer "Initiative" gesteuert, die Wiesbadener Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Accente Communication GmbH wurde als Spezialist für den Sektor Arbeit, Personaldienstleistungen als Leadagentur gewonnen. Sprecherin der Initiative ist Sieglinde Schneider, geschäftsführende Gesellschafterin. Accente Communication berät Mandanten bei der Kommunikation oft sensibler Themen und Kontexte in diesem Umfeld. Durch die Fokussierung auf eine Leadagentur erreichen die vier Jobbörsen eine qualitative Bündelung des Öffentlichkeitsauftritts. Sie setzten der vom Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit beauftragten Polit-PR-Agentur WMP EuroCom in Berlin damit ein gewisses Gegengewicht, ohne jedoch den im Haushaltsplan der BA verfügbar gemachten steuerfinanzierten PR-Etat in Höhe von 20 Mio. Euro auch nur annähernd zu erreichen.

Harald Lenz, Geschäftsführer von Jobscout24, fasst die Gründe, die zu dieser Initiative der vier großen Stellenmärkte geführt haben, zusammen:

  1. Die großen Vier haben e-recruiting am Markt etabliert und das Vertrauen in die Online-Angebote aufgebaut.

  2. Die ziel- und zweckgerichtete Kooperation der Vier gibt es seit Anfang des Jahres. In der fortschreitenden Marktkonsolidierung orientiert sie sich vorrangig an den Aktivitäten der Bundesanstalt für Arbeit

  3. Die Planungen der Bundesanstalt für Arbeit mit dem virtuellen Arbeitsmarkt (VAM) tangieren unsere Märkte in hohem Maße.

  4. Zur Klarstellung: Wir haben keine Einwände gegen die Nutzung des Internets durch die Bundesanstalt für Arbeit als moderne Plattform auch für die Arbeitsvermittlung

  5. Wir warnen vor Fehlentwicklungen, die viel Geld verschlingen und unsere Märkte gefährden können. Wir sind bereit, an einem marktgerechten pluralistischen Modell mitzuwirken, und bleiben dafür gesprächsbereit.

 

Das Projekt "Virtueller Arbeitsmarkt" auf einen Blick:

    Zielsetzung: Ablösung und Neuentwicklung der wesentlichen IT-Anwendungen der Bundesanstalt für Arbeit und Aufbau einer umfassenden Online-Vermittlungs-Datenbank "Virtueller Arbeitsmarkt" unter Einbezug aller Arbeitsmarkt-Partner
  
 Auftraggeber: Bundesanstalt für Arbeit Zentrale: Nürnberg
10 Landesarbeitsämter
181 Arbeitsämter
660 Geschäftsstellen
96.000 Beschäftigte, davon ca. 12.000 in der Arbeitsvermittlung
  
 Lieferanten: Accenture (Generalunternehmer), Syntegral, DFKI Deutsches Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz, WCC Group B.V., HP.
  
 Projektkosten: Euro 57 Mio.
  
 Zeitplan:
2002: Konzeptionsphase
12/2002: Abgabe der Angebote (Ausschreibungsverfahren)
12/2003 Release 1: Job Portal mit Grundfunktionen
05/2004 Release 2 Erweiterung Job-Portal und Ablösung der Back-Office Anwendungen in den Arbeitsämtern
08/2004 Release 3: Fertigstellung VAM.
    Funktionen: Elektronische Jobbörse mit Arbeitgeber-Stellenanzeigen und Lebensläufen von Bewerbern, Bewerber-Case-Management,
Profiling und Matching, Einbindung aller Arbeitsmarktpartner in der Job-/Bewerber-Clearing-Datenbank

Das Grundkonzept des VAM basiert auf dem Anspruch, alle Arbeitsmarktteilnehmer (Arbeitslose, Stellensuchende, Arbeitgeber, Personalvermittler und kommerzielle Jobbörsen) einzubinden. Demzufolge sollen alle verfügbaren Stellenangebote zusammen mit den Lebensläufen und Profilen der Stellensuchenden und auch den zu vermittelnden Arbeitslosen, in eine zentrale Datenbank eingespielt werden. Anhand dieser umfassenden Datenbank - so das Konzept der BA - könnte dann mit Hilfe moderner Matching-Technologie passgenaue Vermittlungsmöglichkeiten identifiziert werden.

Eigentlich ist dieses Matchingkonzept nichts neues, wird es doch von fortschrittlichen Jobbörsen in der Praxis genutzt und für moderne Softwarelösungen im e-Recruitment ist diese "State-of-the-Art" schon alltäglich. Neu im Ansatz der BA und im Konzept des VAM ist der flächendeckende zentralistische Ansatz durch die gewünschte Einbeziehung aller Arbeitsmarktteilnehmer, und dies ist der wunde Punkt aus Sicht der kommerziellen Jobbörsen.

Die BA beabsichtigt, nicht nur arbeitslose Stellensuchende in den VAM zu übertragen, sondern auch stellensuchende Fach- und Führungskräfte, d.h. die eigentliche Domäne der kommerziellen Jobbörsen, ebenfalls aufzunehmen.

Damit passgenaue Matching-Ergebnisse erzielt werden können, müssen natürlich auch die Stellenanzeigen der Arbeitgeber in den Datenbanken der BA enthalten sein. Anstatt wenige, präzise selektierte Bewerber werden die Personalchefs vermutlich mit einer hohen Zahl von Kandidatenprofilen überschwemmt, weil diese ja aus der allumfassenden Datenbank der BA stammen.

Die derzeit grassierende e-Mail-Spam-Flut könnte dann wohl einen Vorgeschmack geben, wenn megabyteweise die "Initiativ-Bewerbungen" auf dem PC des Personalchefs landen und insgeheim natürlich die Statistiken des Arbeitsamts beschönigen. Niemand würde glauben, dass im Virtuellen Arbeitsmarkt eine sinnvolle Begrenzung der Kandidaten ("maximal 10 Bewerber erwünscht") möglich wäre - das würde ja dem vielzitierten BA-Anspruch auf den gesetzlichen Auftrag zur Arbeitsvermittlung widersprechen.

Allein der flächendeckende, alle Beschäftigungssegmente abdeckende zentrale Anspruch des VAM würde genügen, um im Wettbewerb mit den privatwirtschaftlichen Jobbörsen für Unruhe zu sorgen. Doch die Bundesanstalt für Arbeit exerziert mit ihren kostenlosen  Anzeigenveröffentlichungen auch ein steuer- und beitragsfinanziertes Dienstleistungs-Dumping.

Die starke Position der vier Jobbörsen im Arbeitsmarkt begründet Christopher Funk, Country Manager Deutschland, jobpilot AG: Nach dem Wegfall des Vermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit im Jahre 1994 begann jobpilot bereits 1995, das Internet für die hocheffiziente Online Stellenvermittlung zu nutzen. Zusammen mit den anderen Jobbörsen Jobscout24, Monster und StepStone haben sie einen wichtigen Anteil an der Markterschliessung und dem Ausbau der angebotenen Dienstleistungen wie z.B. onlinegestützte Anzeigen- und Bewerbermanagementsysteme.

Funk bezifferte den Wertanteil der vier Jobbörsen mit geschätzten 20-25% von einem Brutto-Marktvolumen des Gesamtmarktes in Höhe von 500 Millionen Euro in 2002. Im ersten Halbjahr 2003 konnten die vier Online Stellenmärkte jobpilot, JobScout24, Monster und StepStone laut ULRICH+PARTNER Medien Statistik, ein Brutto-Stellenanzeigen-Volumen in Höhe von 58,8 Millionen Euro erzielen.

Durch intensive Betreuung und Beratung der stellensuchenden Kandidaten und konsequente Ausnutzung der inhärenten Erfolgsfaktoren eines Online Stellenmarktes gelingt es privaten Anbietern mit deutlich geringerem Aufwand nahezu dieselbe Anzahl von Nutzern zu bedienen wie die Behörde.

Die Effizienz der Online-Stellenmärkte: Mitarbeitereinsatz

Stellenmarkt Anzahl Mitarbeiter
jobpilot 260
JobScout24 65
StepStone 80
Monster 100
Bundesanstalt für Arbeit
(nur Vermittler)
ca. 12'000

Die Nutzung bei Stellensuchenden steigt weiterhin stark an und belegt die bedeutende Position der privaten Anbieter. Im Juni 2003 konnten die vier Online Stellenmärkte mit zusammen 2,088 Millionen Nutzer gegenüber 2,167 Millionen Nutzern von arbeitsamt.de nahezu gleichwertige quantitative Akzeptanz geschaffen. Für ihre Kunden in den Unternehmen ist es wichtig zu wissen, dass dabei in den privaten Online Stellenbörsen nicht die gesamte Bandbreite aller Arbeitssuchenden, sondern vorrangig Fach- und Führungskräfte repräsentiert sind. In diesem Segment hochattraktiver, ganz überwiegend in Beschäftigung stehender Kandidaten, haben die Online-Stellenbörsen einen signifikant höheren Zuspruch als das Arbeitsamt.


Diagramm: Monatliche Besucher (Unique Visitors) im Juni 2003

Die Konzentration auf eine wichtige Kern-Kundengruppe der Fach- und Führungskräfte verdeutlicht, daß die vier privaten Jobbörsen in der Besucherfrequentierung durchaus auf "Augenhöhe" mit dem Arbeitsamt sind, das jedoch einen um ein vielfaches größeren Arbeitsmarkt im Visier hat.

Christopher Funk faßt  die Leistungen der Online Stellenbörsen für Unternehmer und Stellensuchende zusammen:

Leistungen für Unternehmen Leistungen für Stellensuchende
bulletDie Online Stellenbörsen sind hocheffiziente Internet-Portale
bulletDie Services bieten professionelle Unterstützung bei der optimalen ansprachestarken Gestaltung von Stellenanzeigen
bulletDie Planung und Durchführung des gesamten Online Kampagnen-Managements
bulletDie Unternehmen erscheinen dabei mit eigenem Gesucht unter Nutzung von Corporate Identity und Design und können so die Rekruitierung zum Employer-Branding nutzen.
bulletErgänzend zur Schaltung und Verwaltung geschalteter Stellenanzeigen werden firmenindividuelle Lösungen angeboten.
bulletCustomer Service Teams begleiten den Prozess und sorgen für reibungslosen Ablauf
bulletComputergestützte Recherche in Bewerber-Datenbanken. Suche und Kontaktierung per Lebenslauf Datenbank, auch verdeckte Suche nach Bewerbern in Datenbanken.
bulletUnterstützung bei der elektronischen Bewerberabwicklung durch geeignete Software-Systeme - insbesondere als ASP-Lösung (Application Service Provider)
bulletRecherche in Stellenanzeigen und direkte Bewerbungsmöglichkeit
bulletHohe Treffergenauigkeit (Matching) und ausgezeichnete Benutzerfreundlichkeit
bulletAutomatische Benachrichtigungs-Services per E-Mail, WAP und SMS
bulletEinstellung von ausführlichen Lebensläufen und weiteren Daten
bulletPersonalisierte und auf die Bedürfnisse des Bewerbers abgestellte Bereiche innerhalb der Karriere-Portale
bulletUmfassende Informationen, Tipps und Ratgeber rund um die Themen Job und Karriere
bulletKostenpflichte Beratungs- und Coaching-Dienstleistungen, Bewerbungstraining, Bewerbungsunterlagen-Check
bulletOnline-Gehalts-Check
bulletLangfristiger Karriere-Partner
bulletAnonymität auf Wunsch und Freiwilligkeit sind gewährleistet

Was eine Behörde wie die BA nicht leisten kann oder will, führt die privatwirtschaftliche Initiative von "Veredlern" des SIS-Datenbestands den Stellensuchenden der Republik vor.

bullet

Der Regional-Portal-Betreiber allesklar bereitet auf den Webseiten meinestadt.de das Stellenangebot der BA nach regionalen Gesichtspunkten auf und ermöglicht es, für nahezu 14000 Städte und Gemeinden in der Bundesrepublik nach lokalen Stellenangeboten und neuerdings auch Lehrstellenplätze zu suchen. (http://www.meinestadt.de/)

bullet

Das regionale Rhein-Main-Anzeigen-Portal Opusforum selektiert ebenfalls die Stellenangebote des Arbeitsamts und bereitet sie nutzerfreundlich für eine regionale Suche auf.
http://www.opusforum.org/

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In Berlin hat der Personaldienstleister Rekruter.de ebenfalls ein ähnliches Konzept realisiert und ermöglicht Suchabfragen nach offenen Stellen in der ganzen Bundesrepublik. Auch hier werden benutzerfreundliche Suchmasken verwendet,  Schlagwortabfragen ermöglichen eine effiziente Suche.
http://www.rekruter.de/

Während in anderen Wirtschaftssegmenten vehemente Diskussionen über staatliche Dienstleistungen und privatwirtschaftliche Regelungen (Beispiel: Preispolitik der Bundesbahn oder Monopolkommission im Zeitungs- und Medienmarkt) geführt werden, ist die staatliche Einflussnahme der Arbeitsvermittlung - die Jobbörsen sprechen hier von der virtuellen Rückführung des 1994 abgeschafften Vermittlungsmonopols - noch nicht so prägnant in die Diskussion eingegangen.

Kai-Uwe Deininger, Managing Director von Monster Deutschland, erläutert die ordnungspolitische Bewertung des VAM-Projekts: BA-Konzept ist Rückfall in die Zeit des Vermittlungsmonopols: "Die Behörde macht alles, aber nichts passiert".
  
 Wir sagen nein zur virtuellen Rückgewinnung des Vermittlungsmonopols durch das Arbeitsamt.
  
 Wir wenden uns gegen das Eindringen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) als steuerfinanzierter Wettbewerber in unsere Märkte, die nicht zum Kernbereich der BA gehören.
  
 Wir sind gegen die mit dem BA-Konzept verbundene Verschwendung von Steuergeldern und Beiträgen der Arbeitsnehmer und Arbeitgeber.
  
 Der allumfassende virtuelle ARbeitsmarkt der BA widerspricht Sinn und Zweck des Hartz-Konzepts.
  
 Den bekannten Flops PSA, Vermittlungsgutschein und Job Aqtiv-Gesetz muss kein neuer hinzugefügt werden.
  
 Die vier Anbieter haben ihre Kompetenz, Qualität und Erfolgsgeschichte der eigenen Leistung zu verdanken.
  
 Wenn sich eine Behörde um alles kümmern will, wird nichts davon richtig gelingen.
  
 Der BA fehlt die Akzeptanz bei den Unternehmen.
  
 Unser arbeitsmarktpolitischer Beitrag zur Belebung des Arbeitsmarktes besteht nicht darin, sehenden Auges eine Wettbewerbsverzerrung zu fördern. Er liegt vielmehr darin, mit provessionellen Mitteln unseren personalsuchenden Kunden zielgenau geeignete Kandidaten zu präsentieren - im Idealfall auch solche, die bei der BA gemeldet sind.

Was mit der Diskussion im Zusammenhang mit den neuen Konzepten der Hartz-Kommission begann, wird gegenwärtig durch den enormen öffentlichen Erfolgsdruck auf die Bundesanstalt für Arbeit nahtlos fortgesetzt.

Nur so ist zu erklären, dass ein komplexes und schwieriges Projekte wie der VAM durch eine frühzeitige und in der Sache nicht begründete Ankündigungspolitik öffentlichkeitswirksam gestört wird.

Eigentlich hätte es genügen müssen, das Thema "Virtueller Arbeitsmarkt" mit der CEBIT-Präsentation in die Öffentlichkeit zu tragen. Notwendige Gespräche über die potentiellen Teilnehmer wären besser - wie ursprünglich geplant - auf bilateraler und vertraulicher Basis zu führen gewesen. Und es wäre für die BA und die interessierte Öffentlichkeit sinnvoller, die Projektarbeit ohne die regelmässigen negativ-störenden   Ankündigungen umzusetzen.

Doch so liefern sich zur Zeit die Antagonisten, die Bundesanstalt für Arbeit einerseits und die vier großen Jobbörsen andererseits, einen Stellvertreterkampf in den Medien, der Tür und Tor für Fehlinterpretationen und Klarstellungen öffnet.

So hatte beispielsweise die BA-Pressemitteilung über den geplanten Einsatz der Roboter-Such-Technologie die Wellen höher schlagen lassen und die Medien malten schon eine Schreckensvision à la "Big Brother is watching You" an die Wand.

Das veranlasste Jürgen Koch, Projektleiter des VAM bei der Bundesanstalt für Arbeit, das Thema zu relativieren und er verdeutlichte, daß der Software-Spider nur intern in den Arbeitsämtern genutzt werden soll.

Wie intensiv das publizistische Katz-und-Maus-Spiel betrieben wird, verdeutlicht das präzise Timing von Pressemitteilungen.  Just am gleichen Tag der gemeinsamen Pressekonferenz der privaten Jobbörsen meldete das Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Nürnberger Behörde, daß die BA das Kooperationsangebot mit privaten Jobbörsen aufrecht erhalte und führte aus, daß der Virtuelle Arbeitsmarkt Vorteile für alle Marktteilnehmer bringen würde:

"Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) steht Kooperationen mit den Online-Stellenmärkten von Zeitungen und Zeitschriften sowie den insgesamt rund 400 Internet-Jobbörsen weiterhin aufgeschlossen gegenüber. Das ab Dezember 2003 an den Start gehende und zur Zeit unter dem Projektnamen „Virtueller Arbeitsmarkt“ (VAM) vorbereitete neue Serviceportal der BA versteht sich als sinnvolle Ergänzung, die für deutlich mehr Transparenz auf dem Arbeitsmarkt sorgen wird.

Und dann wird der Köder auch gleich mit ausgelegt:

Kooperierende Jobbörsen können durch den Zugang von Kunden und Besuchern aus dem VAM mit einer Steigerung der Besucherzahlen und ihrer Werbeeinnahmen sowie mit zusätzlichen Umsätzen durch die provisionsfreie Weiterleitung von Stellenangeboten rechnen. Bewerber- und Stellenprofile können zwischen den Arbeitsmarktpartnern ausgetauscht werden (Cross-Posting)."
http://www.crosswater-systems.com/ej_news_2003_09h.htm

Der Erfolgsdruck und die Erwartungshaltung der arbeitspolitischen Öffentlichkeit ist enorm. Zum propagierten Starttermin des VAM am 1. Dezember 2003 - also in knapp 3 Monaten - wird die BA wieder in Erklärungsnotstand kommen. Wenn in der  Adventszeit Kerzen angezündet werden und Kinderaugen leuchten ob der schönen Überraschungen im Adventskalender, kommen den mit dem Arbeitsmarkt befassten Erwachsenen beim gelieferten Funktionsumfang des VAM eher die Tränen:

Im Dezember 2003 ist nur die erste Phase mit den Grundfunktionen des Jobportals vorgesehen, die Ablösung des in die Jahre gekommenen Stellen-Informations-Systems (SIS) und anderer Back-Office-Anwendungen wird frühestens ab Mai 2004 verfügbar sein. Und zu welchem Termin die noch zu beteiligenden Arbeitsmarktpartner wie Unternehmen, Personalvermittler oder kommerzielle Jobbörsen ihre IT-Systeme für den Datentransfer zum VAM mittels des proprietären HR-BA-XML-Standards umgestellt haben, könnte ebenfalls ein Geheimnis des Adventskalenders bleiben.

Epilog: Wolf Lotter im Brandeins Wirtschaftsmagazin über den Virtuellen Arbeitsmarkt
 

Simulanten: Die Reform der Arbeitsämter geht wie Reform des Staates: Auf Kosten anderer Leute wird die Wirklichkeit verdrängt.
    
"Ab Dezember 2003 soll der „Virtuelle Arbeitsmarkt“ im Internet verfügbar sein. Dann kann man eine Website der Bundesanstalt für Arbeit angucken, auf der, falls vorhanden, Jobangebote stehen. Oha. Eine ganz normale Website mit ein bisschen Datenbank dahinter. Man darf sich fragen: Warum gibt’s das nicht längst? Ganz einfach: Weil dutzende verschiedener Systeme, Datenbanken und Angebote der Bundesanstalt für Arbeit, im Netz oder auch nicht, bisher derart plan- und lustlos zusammengeschustert wurden, dass sie nicht den Ansprüchen genügen, die heute jeder Zwei-Mann-Laden hat. Sie sind veraltet, unzugänglich, schwer oder gar nicht verfügbar, kurz und gut: Schrott.
     Deshalb wird der Virtuelle Arbeitsmarkt geschaffen. Was ist da drin? Die Inhalte der privaten Jobvermittler im Netz, Stellenanzeigen aus Zeitungen, Web-Magazinen und von anderen privaten Veranstaltern: „Bundesweit werden dann alle Stellen und Bewerber unter einer einzigen Adresse zu finden sein“, schreibt die Anstalt. „Arbeitgeber und Arbeitnehmer können selbstständig ihre Stellen- und Bewerberprofile einstellen.“ So einfach ist das.
     Die Kosten für das Projekt: zwischen 50 und 60 Millionen Euro. Für eine Website. Mit den Inhalten anderer Leute. Ja, Herrschaften, so macht man Geschäfte, wenn man die Macht hat. Können wir nicht gibt’s nicht. Irgendwer kann. Irgendwer hat. Das holen wir uns.
     Die Panzerknacker-Mentalität der Regierung in Sachen private Arbeitsmarkt-Dienste ist geübt: bei den berüchtigten Personal-Service-Agenturen (PSA), die zwar immer noch nicht funktionieren, aber zig Millionen verschlungen haben. Zu welchem Zweck?
     Diese aus den Arbeitsämtern geschaffenen „Vermittler“ bieten Leiharbeiter zu Dumping-Preisen an. Die Differenz zahlt der Steuerzahler. Ruiniert werden Leiharbeitsfirmen, die sich nicht aus der öffentlichen Kasse bedienen können. Die PSA der Arbeitsämter kassieren für jeden Monat pro Arbeitslosen 1000 Euro.
     Unfassbar? Nein, Realität. Fakt ist auch, dass die Unternehmer dabei keine Chance haben, weder als Leiharbeitsfirmen noch als Anbieter von Jobs im Web.

  
Die fünf führenden Jobvermittler im Netz verhandeln seit langem mit der Bundesanstalt für Arbeit. Naiv könnte man annehmen, dass der Staat eingesehen hat, dass das Angebot der Unternehmen auch deshalb erfolgreich ist, weil einige leistungsfähige Jobanbieter miteinander konkurrieren. Das ist falsch. Die Tonlage in der Staatswirtschaft ist eine andere: Entweder ihr liefert eure Angebote schnurstracks an uns, oder wir ruinieren euch. Der Staat hat genug Geld, um mit Werbung und Marketing die Privaten zu übertönen, deren Ideen zu klauen und deren Erfolg zunichte zu machen. Am Werk sind Gesinnungstäter, die zudem wissen, dass sie ihre Existenzgrundlage der Not anderer Menschen verdanken. Die Staatswirtschaft ist teuer, dreist und menschenverachtend.

>>>Zum kompletten Artikel in Brandeins Wirtschaftsmagazin