Ein
Bewerbermanagementsystem kann die Personalabteilung
erheblich entlasten und die Zeit zwischen
Bewerbungseingang und Einstellung verkürzen.
Voraussetzung ist allerdings eine sorgfältige Auswahl
des Systems anhand der HR-Prozesse im Unternehmen.
Die
Personalabteilungen werden bei der geplanten
Einführung eines neuen Bewerbermanagementsystems (BMS)
oder der Ablösung eines bestehenden Systems mit einem
unübersichtlichen Markt konfrontiert. Zurzeit werben
etwa 100 Unternehmen mit ihren BMS oder auch Talent
Relationship Management-Systemen (TRMS) um Aufträge.
Grundsätzlich lässt
sich feststellen, dass sich die Branche in den
vergangenen zwei Jahren darauf konzentriert hat, ihre
Lösungen zu verfeinern sowie technologisch sicherer,
breiter und stabiler aufzustellen. Größere
Innovationen sind nicht erfolgt. Folgende
Funktionalitäten und Leistungsmerkmale sind
Kernbestandteile einer jeden, derzeit verfügbaren
Lösung:
• Anlegen von
Stellenausschreibungen
• Automatische Übernahme von Online-Bewerbungen
• Manuelles Einstellen von Bewerberdaten (bei Print-
und E-Mail-Bewerbungen)
• Dokumentenverwaltung
• Anbindung an den Stellenmarkt auf der
unternehmenseigenen Homepage
• Einbindung von Fachabteilungen
• Serienbrief-/Serienmailfunktionen
• Anlegen eines Bewerber-Pools
• Workflow-Dokumentation
• Statistiken
• Suche nach geeigneten Bewerbern
Weitere sinnvolle
Zusatzfunktionen je nach Bedarf und System sind:
• Anbindung an externe
Jobbörsen und Printmedien
• Kalenderfunktion mit Eventmanagement
• Anlegen mehrerer Bewerber-Pools
• Automatische Vorauswahl durch Filterfunktionen mit
Bewerber-Ranking
• Einbindung von Online-Assessments
• Mehrsprachigkeit
• Erinnerungsfunktion beim Überschreiten von Terminen
• Suche in Word- und PDF-Anlagen
• Einbindung externer Dienstleister
Bei der Auswahl eines
geeigneten Systems sollte sich ein Unternehmen auf
solche Funktionalitäten beschränken, die auch wirklich
effizient gelebt werden können. Zu viele Möglichkeiten
erhöhen unnötig die Komplexität der Lösung und führen
zu höherem Schulungsaufwand.
Bewerber und Talente managen
Bei den reinen
Bewerbermanagementsystemen dominieren ASP-Lösungen (Application
Service Providing). Die Software muss nicht gekauft,
sondern kann über einen Dienstleistungsvertrag
gemietet werden. Die Nutzer loggen sich dabei über
einen Internet-Browser auf dem Server des Anbieters
ein, auf dem das BMS installiert wurde. Für
Unternehmen ist dies kostengünstig, da
Softwareinstallationen an jedem Arbeitsplatz und
Serviceleistungen vor Ort entfallen. Bedenken kommen
häufig von IT-Abteilungen und Datenschutzbeauftragten,
da die sensiblen Bewerberdaten nicht im direkten
Einflussbereich des Unternehmens verbleiben. Die
Anbieter von BMS-Systemen bieten allerdings
mittlerweile Sicherheitslösungen an, die auch von
diesen beiden Anspruchsgruppen akzeptiert werden.
Talent Relationship
Management-Systeme gehen über die Leistung der BMS
hinaus. Sie haben zum Ziel, neben dem Handling der
Bewerbungen langfristige Beziehungen mit dem Bewerber
zu ermöglichen. So kann ein Unternehmen bei
Personalausschreibungen zunächst etwaige interessante
Bewerber der internen Datenbank ansprechen. Die
Rekrutierungskosten werden stark reduziert. Einige
US-amerikanische Konzerne besetzen bereits 40 Prozent
ihrer Stellen auf diese Weise. Hire.com (Vertrieb über
Stepstone), Refline, Mr.Ted oder Brassring bieten
derartige Systeme an.
Jobbörsen: BMS für Mittelständler
Seit einiger Zeit
drängen nun auch die größeren Online-Jobbörsen auf den
Markt der BMS. Sowohl Jobpilot („HR-Workflow“),
Stepstone („OneStep“) als auch Monster („Office HR“)
treten als Softwareanbieter in diesem Segment auf. Die
ASP-Lösungen werden ausschließlich über das Internet
angesprochen und sind mit der jeweiligen Job-Plattform
eng verbunden. Das Ziel der Anbieter ist weniger, das
Bewerbermanagement als Produkt in den Vordergrund zu
stellen, als vielmehr Unternehmen durch Zusatzservices
stärker an die Plattform zu binden und Anzeigen zu
verkaufen. Im Fokus haben die Jobbörsen insbesondere
Kleinunternehmen und kleinere Mittelständler.
Alle relevanten
Bewerberdaten befinden sich außerhalb des
unternehmenseigenen Netzwerks. Der HR-Mitarbeiter
greift auf eine kostengünstige und intuitiv zu
bedienende Lösung zu, für die es normalerweise keinen
Schulungsbedarf gibt. Der Nachteil dieser Lösungen
besteht vor allem in der mangelnden Veränderbarkeit
der Software und in der unflexiblen Einbindung in die
eigene Homepage, in bereits bestehende
Personalverwaltungssoftware sowie weitere Jobbörsen.
Die Systeme sind kaum auf die individuellen
Arbeitsschritte bei der Bewerberauswahl anzupassen.
Während eine
Darstellung im Corporate Design meist möglich ist,
sind der Individualität vertrauter Arbeitsabläufe im
Unternehmen enge Grenzen gesetzt. Ein nicht zu
unterschätzender Vorteil besteht hingegen in einer
reduzierten Zeit für die Softwareeinführung. Es geht
hier um Tage, nicht um Wochen oder Monate.
Softwaremodule und ERP-Systeme
Außer den Lösungen,
die auf Bewerbermanagement spezialisiert sind, gibt es
eine Vielzahl von Anbietern aus dem Segment der
Personalverwaltungssoftware, die ebenfalls Module zum
Bewerbermanagement anbieten. Die Kernkompetenz dieser
Systeme liegt in den Bereichen Stammdatenverwaltung,
Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie Personalentwicklung.
Die Prozesse im Bewerbermanagement werden häufig
ungenügend abgebildet und sind wenig
benutzerfreundlich. Sollte ein derartiges System
bereits im Unternehmen im Einsatz sein, macht es Sinn,
sich das BMS-Modul anzuschauen. Das Unternehmen sollte
aber gleichzeitig andere Systeme evaluieren, die
entsprechende Schnittstellen anbieten. Zielgruppe
dieser kostengünstigen HR-Komplettlösungen ist der
Mittelstand.
Eine Sonderstellung
bei den Personalverwaltungssystemen nehmen ERP-Systeme
(Enterprise Resources Planning) ein, wie sie von SAP
oder Peoplesoft angeboten werden. Die kostenintensiven
HR-Module der ERP-Suiten eignen sich für den
Konzernbereich und große mittelständische Unternehmen
insbesondere dann, wenn bereits andere Module
vorhanden sind. Ein Vorteil besteht in einer optimalen
Systemintegration der HR-Software ohne
Schnittstellenproblematik. Auf das aktuelle
SAP-Produkt „E-Recruiting“ musste der Markt lange
warten. Immer wieder wurde die Einführung verschoben.
Die Kooperation mit Futurestep, in deren Mittelpunkt
die gemeinsame Softwareentwicklung sowie eine
inhaltliche Unterstützung stehen sollte, wurde
beendet, nachdem sich das amerikanische Unternehmen
von den europäischen Märkten zurückzog.
Eigenentwicklungen flexibel gestalten
Eine weitere
Möglichkeit zum Management von Bewerbungen bieten
Eigenentwicklungen. Diese sind anfangs sehr gut auf
die jeweiligen Arbeitsabläufe im Bewerbungsprozess
abgestimmt, da die definierten Anforderungen optimal
technologisch umgesetzt werden können. Aber die
Arbeitsprozesse können sich ändern. Die zugrunde
liegende Datenbank sollte deshalb sehr flexibel
aufgebaut werden, sodass sie künftige Strukturen und
Abläufe noch abbilden kann. In den meisten Fällen wird
sich die Frage der selbstständigen Entwicklung jedoch
nicht stellen, da diese oft teurer und zeitaufwändiger
ist, als ein Rückgriff auf bereits existierende
Applikationen.
Noch bevor die Suche
nach einer optimalen Lösung beginnt, sollte der
Bewerbungsprozess optimiert werden. Anhand eines
Sollprozesses kann die Personalabteilung im weiteren
Prozessverlauf zwei Arten von Funktionalitäten
identifizieren: Jene, die die Applikation
notwendigerweise besitzen muss, und solche, die
vorteilhaft wären, auf die aber auch verzichtet werden
könnte. Der Anforderungskatalog stellt die Grundlage
für die eigentliche Auswahl der Software dar. Dieser
sollte sorgfältig erarbeitet werden, da in diesem
Zusammenhang eigene Optimierungspotenziale
identifiziert werden können.
Kriterien für die Einführung
Außer diesen
Funktionsmerkmalen, die individuell variieren können,
müssen bei der Auswahl einige grundlegende Dinge
beachtet werden. Die Einführung eines neuen Systems
sollte als Managementaufgabe betrachtet werden. Eine
aktive Unterstützung seitens der Geschäftsführung ist
wichtig, um bei entscheidenden Projektabschnitten
definitive Entscheidungen zu treffen. Zudem sollten
bereits in dieser Phase unbedingt die HR-Mitarbeiter,
Betriebsräte und Führungskräfte als künftige Nutzer
einbezogen werden, da so die Akzeptanz einer neuen
Lösung gesteigert wird. Als Leiter des Projekts kommen
ein Mitarbeiter oder ein externer Berater infrage, die
über die Fähigkeit der Moderation zwischen den
Projektbeteiligten verfügen. Ferner ist zu prüfen, ob
eine Migration bestehender Bewerberdaten erforderlich
ist. Komplexität, Dauer und Budget der
Softwareeinführung können dadurch erheblich
beeinflusst werden.
Auch die IT-Abteilung
sollte sehr früh involviert werden. In den meisten
Fällen existieren im Unternehmen Anforderungen
hinsichtlich der technologischen Grundlagen der
Software. Das betrifft Minimalanforderungen der
IT-Umgebung hinsichtlich der Sicherheit sowie der
Erweiterbarkeit und Schnittstellenfähigkeit der neuen
Applikation. Wichtig ist zu klären, ob die
Datenhaltung im unternehmenseigenen Netzwerk oder auch
auf einem Server im Internet erfolgen kann. Bedenken
hinsichtlich der sicheren Datenübertragung sind heute
unbegründet, da alle Anbieter
Verschlüsselungstechnologien bereitstellen.
Vorselektion: Anbieter im Test
Nach Festlegung der
Auswahlkriterien unter Einbeziehung möglichst vieler
Prozessbeteiligter sollte die Arbeitsgruppe zur
Systemauswahl stark reduziert werden. Wichtig ist es,
ein Gremium zu schaffen, das entscheidungsfähig ist.
Nur so kann das in der ersten Phase Beschlossene
weitestgehend autonom umgesetzt werden.
Eine Vorselektion der
Software kann durch Präsentationen vor Ort,
telefonische Interviews oder per Internetpräsentation
erfolgen. Gerade die beiden letztgenannten
Möglichkeiten sparen viel Zeit und Kosten. Die Zahl
der Anbieter, die später zu einer Produktpräsentation
eingeladen werden sollen, wird dadurch erheblich
reduziert. Bei den Anbietern, die in die engere Wahl
kommen, gilt es, die Marketing- und Vertriebsaussagen
zu hinterfragen. Die Vorselektion bietet außerdem die
Möglichkeit, die Qualität des Supports der Anbieter zu
überprüfen. In diesem Zusammenhang sollte die
Projektgruppe mehrere Supportkanäle (Telefon, E-Mail
et cetera) testen.
Außerdem sollte sie
nach Sichtung der Softwareanbieter und der Kenntnis
der Kosten erneut eine umfassende
Rentabilitätsrechnung vornehmen.
Feinselektion: Die Software unter der Lupe
Bei der Feinselektion
gilt es, rund fünf Lösungen genauer zu betrachten.
Dafür macht sich die Projektgruppe ein ausführliches
Bild vom Produkt und Unternehmen. Zu prüfen ist auch,
welche strategische Bedeutung die Software für den
Anbieter selbst besitzt. Ist die angebotene Lösung
eine von vielen oder wird die gesamte inhaltliche und
technische Entwicklung in das präsentierte Produkt
gesteckt? Steht das Unternehmen auf einer sicheren
ökonomischen Basis oder arbeitet es defizitär? Wie
lange wird das Produkt bereits entwickelt und wann
erscheint eine neue Version? Bezieht das Unternehmen
die Erfahrungen bestehender Kunden aktiv für die
weitere Produktentwicklung mit ein?
Es lohnt sich auch,
bei den genannten Referenzkunden genauer nachzufragen.
Welche Erfahrungen haben sie bei der
Softwareeinführung gemacht? Im Idealfall besteht die
Möglichkeit, sich das Bewerbermanagementsystem vor Ort
bei den angegebenen Referenzkunden zeigen zu lassen.
Hier erhält die Projektgruppe Hinweise auf dessen
Stabilität und Geschwindigkeit der Datenverarbeitung.
Ist dies nicht möglich, sollte sie auf einer
Online-Präsentation oder bei ASP-Lösungen auf die
Bereitstellung eines Testzugangs bestehen, mit dessen
Hilfe sie die Software und ihre
Bedienungsfreundlichkeit prüfen kann.
Je einfacher das
künftige System zu handhaben ist, desto geringer
werden die Kosten für die Schulung der Mitarbeiter
ausfallen. Es gibt in diesem Zusammenhang
unterschiedliche Philosophien der Softwareunternehmen:
Während einige erste Schulungen im Zuge der Einführung
extra berechnen, fakturieren andere diesen Posten
nicht. Aber der Kauf eines Bewerbermanagementsystems
wird sicher nicht an der mangelnden Bereitschaft des
Anbieters scheitern, den ersten Support kostenlos
bereitzustellen.
Autor
Ralf-Peter Wolter ist
Geschäftsführer der HRM Consulting GmbH. Zuvor war er
bei verschiedenen Beratungsunternehmen als
Produktmanager und Projektleiter tätig und befasste
sich unter anderem mit der Auswahl und Entwicklung von
Bewerbermanagementsystemen.
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