Wenn
ganz Deutschland im Konjunkturloch steckt, gibt es nur
wenige Gewinner. Zu ihnen gehören die Jobbörsen im
Internet. Ihnen kommt durch die Krise auf dem
Arbeitsmarkt eine größere Bedeutung zu. Forrester
Research schätzt, dass das Marktvolumen für
Personalrekrutierung im Internet in den Vereinigten
Staaten für das Jahr 2005 bei mehr als 4 Mrd. $ liegen
wird. Der europäische Markt, so die Prophezeiung der
Forrester-Experten, habe ein noch größeres Potenzial.
Dafür
gibt es gute Gründe. Die Fluktuationsrate bei den
Arbeitnehmern hat sich hier zu Lande drastisch erhöht.
Während sie 1990 noch bei einem Prozent lag, geht man
heute von sechs bis acht Prozent aus - Tendenz klar
steigend. Für Personalabteilungen bedeutet das eine
Menge zusätzlicher Arbeit, um die entstehenden Lücken
zu füllen. Sie nutzen dabei zunehmend das Medium
Internet, weil es schneller und kostengünstiger ist. So
hat die Unternehmensberatung Mummert + Partner
ausgerechnet, dass es in der Offline-Welt rund 10 000
Euro kostet, bis ein Hochschulabsolvent einen
Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Im Internet lasse
sich der finanzielle Aufwand um bis zu 50 Prozent
verringern.
Die
Jobbörsen im Internet nutzen ihre gute Marktposition,
um sich weitere Standbeine neben dem
Stellenanzeigen-Teil aufzubauen.
Selbstbewusstsein bringen die Webbörsen auf jeden Fall
mit: "Wir verstehen uns als Karriereportal und als
professioneller Dienstleister für den
Rekrutierungsprozess der Unternehmen", sagt
Christoph Funk, Vice President bei Jobpilot. Auch die
Konkurrenz erweitert ihre Ansprüche und will persönlichen
Service rund um Karriere und Beruf leisten. Auf ihren
Webseiten können beispielsweise Karriere-Informationen,
Persönlichkeits- und Gehalts-Checks, Datenbanken über
Fortbildungsmaßnahmen, Recruiting-Workshops oder
Online-Assessmentcenter abgerufen werden.
Jobscout24
und Jobware beraten Stellensuchende sogar persönlich
-per E-Mail oder Telefon. "In Deutschland geht die
Entwicklung dahin, dass sich nur Anbieter durchsetzen
werden, die dem User einen über das Kerngeschäft
hinausgehenden Benefit verschaffen. Es muss das
entstehen, was man bei den Printmedien die
Leser-Blatt-Bindung nennt", sagt Jobware-Geschäftsführer
Randolph Vollmer. Die langfristige Bindung wird über
anonymisierte Datenbanken aufgebaut. Darin können
Unternehmen nach geeigneten Bewerbern
suchen. Statt den passenden Bewerber für ein
Unternehmen zu suchen, werden die Bewerber bei der Suche
nach einem Unternehmen unterstützt. Vollmer:
"Damit kehren wir den klassischen Prozess der
Personalberatung um."
Und
geraten dabei, sicherlich nicht ohne Absicht, in
Konkurrenz zu den klassischen
Personalberatungsunternehmen. Vollmundig behauptet etwa
Andreas Albath, Geschäftsführer von Stepstone
Deutschland, dass "das Internet zum Basismedium bei
der Personalvermittlung
wird".
Das
sieht Wolfgang Doell, Geschäftsführer von Leaders
Online - einer hundertprozentigen Tochter des
Personalberatungsunternehmens Heidrick & Struggles -
naturgemäß anders:
"Das,
was die Jobbörsen machen, toppen wir auf jeden Fall.
Denn im Gegensatz zu uns finden sie nur Bewerber, die
aktiv nach einem Job suchen. Wir sprechen darüber
hinaus auch diejenigen an, die noch gar nicht daran
gedacht haben, die Stelle zu wechseln."
Doell
und seine Mitarbeiter nutzen bei ihrer Arbeit allerdings
durchaus das Internet und die rührenden Jobbörsen. Und
auch der Geschäftsführer der Königsteiner Agentur,
Fridolin Höfele, ist der Meinung, dass "Online-Recruitment
heute zu einem selbstverständlichen Bestandteil des
Personalmarketing-Mixes geworden ist, den wir unseren
Kunden zusätzlich zu Printanzeigen empfehlen."
Aber die Suche im Netz hat nach Ansicht von WoIfgang
Doell ihre Grenzen. "Personalberatung isl immer
noch ein People-Business. Da kann man eine noch so gute
Matching-Software haben und E-Mails verschicken: Die
persönliche Ansprache funktioniert immer noch am
besten."
Während
die Jobbörsen zunehmend im Personalberatungsbereich
wildern, lässt eine Marktbereinigung im klassischen
Stellenanzeigenteil noch auf sich warten. Allein für
den deutschsprachigen Raum listet der Branchendienst Crosswater-Systems
420 Stellenmärkte auf. Zu ihnen gehören neben Multi-Börsen
wie Stepstone, Jobpilot oder Monster viele
spezialisierte Angebote, die sich auf Branchen- und
Berufsfelder wie Gastronomie, Banken oder den
Agrarsektor beschränken.
Wie
sich diese Nischenanbieter
entwickeln werden, ist schwer abzuschätzen.
"Ihnen fehlt Marketing-Wissen und die
Vertriebskraft, um genügend Stellenanzeigen zu
akquirieren", meint Crosswater-Systems.
Allerdings hätten diese Anbieter den Vorteil, dass ihre
Stellenangebote eng umgrenzt, qualitativ hochwertig und
zielgenau seien. Das würde ihnen oft ein Überleben auf
niedrigem Niveau sichern.
Früher
oder später, da sind sich Experten einig, wird sich der
Markt aber auf wenige führende Anbieter und einige
Spezial-Sites konzentrieren. "Die Zusatzservices
und Dienstleistungen, die die führenden Karriereportale
jetzt schon anbieten", sagt Michael Weideneder,
Geschäftsführer von
Stellenanzeigen, de, "werden sich in Zukunft
in Deutschland maximal fünf Anbieter parallel leisten können."