Habe ich
[Crosswater Systems]
10.4.2008
Womit konnte bzw. durfte ein Bewerber die Oberste
Obstanbaubehörde im Bayerischen Staatsministerium
überzeugen? – Damit: „Zur Zeit bin ich angestellt in
einem Obstanbaubüro in X. Meinen bisherigen Werdegang
können Sie den beigefügten Unterlagen entnehmen.“ – Jo
mei, wos ollas geht! Tut‘s denn bei euch keinen Verein
gegen schlechtes Bewerben geben?
Habe ich
Sie haben in Ihrem Anschreiben die Sätze mit "habe ich"
markiert, wohl in der Hoffnung, dass ich für erfreuliche
Abwechslung sorge. Ich habe vor Jahren die Konsequenzen
daraus gezogen, dass erfahrene Rekrutierer sehr
konzentriert das aufnehmen und verarbeiten, was ein
Bewerber alles gemacht, getan, geleistet, gelernt,
erreicht, durchgesetzt, bewirkt, bewältigt hat. Was man
dagegen behaupten zu sein, ist zunächst für keinen
Menschen relevant, dem man sich vorstellt und dem man
vorschlägt, etwas für ihn zu tun. Alle
Selbstbeschreibungen sind für die Personalanwerber,
denen Sie einen Deal vorschlagen, bloße Versprechen.
Personaler wollen Fakten. Haben oder Sein, das ist für
den Personaler niemals die Frage.
Sie wären blöd, ebenso wie das Gros der
Wer-bin-ich-Bewerber eifrig herauszublöken, was Sie sind
und wie Sie sind. Im argumentativen Zusammenhang haben
Ihre persönlichen Qualitäten, Ihre weichen Fähigkeiten,
ihre Prinzipien und Lebensregeln dort Platz:
- in der Konklusion des letzten Anschreibenabsatzes
- in der Widerspiegelung durch Fürsprecher
- in den entsprechenden Paragraphen der Arbeitszeugnisse
- im direkten Gespräch.
Für das Anschreiben gilt: Sie sind das Subjekt Ihrer
Rede. Sie lassen bitte die Finger von
Passivkonstruktionen, unpersönlichen Ausdrücken und
Hilfszeitworten. "Konnte und durfte" signalisiert – von
einem strikten Klassenstandpunkt aus beurteilt –
prätentiöses Aufsteiger-Gehabe. Pardon my Bavarian, aber
Leute, die im Beruf erfolgreich sind, tun nicht so, als
ob man sie gelassen hätte. Sie haben es einfach gemacht.
Oh, und warum habe ich das, was Sie alles gemacht haben,
in Ihrem Anschreiben nicht chronologisch geordnet?
1. ist das Anschreiben kein Lebenslauf
2. ist das Anschreiben auch keine Bewerberstory oder
Vita
3. braucht das Anschreiben die innere chronologische
Ordnung ebenso nötig wie eine Schwarzwälder Kirschtorte
eine braucht.
4. Die argumentative Ordnung ist also, um im Bild zu
bleiben, eine Frage der Schichtung.
5. Ihre Leitfrage heißt nicht: Was habe ich gemacht? Sie
lautet: Was spricht für mich?
6. Und Ihre Hauptsorge ist natürlich: Was nehme ich als
Kirsche?
7. Ich wage noch einen Vergleich: Wer anschreibt,
trumpft auf. Wir fangen mit dem Kreuz-As an und spielen
so gut es geht von oben herab unsere Stiche aus.
Auch für geübte Vielschreiber gilt: Was an sprachlichen
Konventionen und Floskeln in Ihren Ohren klingelt und
was Sie so für den natürlichen Gang des Berichtens oder
Erzählens halten, das bringt Sie bei der beruflichen
Selbstpräsentation nicht weiter.
Außer natürlich, Sie bewerben sich beim Bayrischen
Staatsministerium des Inneren. Da brauchen auch
Akademiker nicht viele Worte, um eingeladen zu werden:
„Da sich meine fachlichen Interessen mit den Inhalten
der Ausbildung decken, würde ich mich über eine
Ausbildungsstelle in der Obstanbauverwaltung sehr freuen.“
– Da zuckt der Gamsbart und die Preußen springen im
Kreis.
Gerhard Winkler,
www.jova-nova.com
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Gerhard Winkler
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