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Markt+Meinung

 

 

 

 

 

     Virtueller Arbeitsmarkt: Kostenexplosion geht weiter

Wer gedacht hätte, nach dem mittlerweile geläufigen Medien-Ritual um den mühsamen Weg der Bundesagentur für Arbeit in die Zukunft des e-Recruiting würde Ruhe einkehren, sieht sich getäuscht. Nach immer neuen Hiobs-Botschaften um Kostenexplosion, vermeintliche Korruption, illegalen Auftragserteilungen, amourösen Techtel-Mechtel zwischen Mitarbeitern bei Auftraggeber und Auftragnehmer waren Medien, Bundestagsausschüsse und dementierende Vorstandschefs und Dienstherren sichtlich ermattet.

Zum Abgesang schwang sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch einmal zu einem Kommentar auf: "Schwamm drüber, das war's". Das einzige personelle Bauernopfer in der gesamten Affäre um den Virtuellen Arbeitsmarkt war dessen Projektleiter Jürgen Koch. Seine Dienstherren bestätigten sich gegenseitig das Vertrauen, stritten Informationen und Unkenntnis über wesentliche Sachverhalte und Kostenentwicklungen, deren Wissen eigentlich obligatorisch sein müsste, ab. Daß nun niemand mehr die Frage nach der Übernahme von Verantwortung auf der Vorstandsebene stellt, bedauert die FAZ: "Doch daß darüber nicht einmal debattiert wird, hinterläßt einen üblen Nachgeschmack."

In einem Bericht von Ingrid Bertram im ARD Mittagsmagazin vom 9.3.2004 kamen nochmals alle Probleme konzentriert auf den Tisch: Thomas Bischoff von Case Consult fasste als Arbeitgeber die Sicht der Dinge über den virtuellen Arbeitsmarkt zusammen: "Erstens ist kein Angebot da, und zweitens ist auch keine Nachfrage da, weil man die wirklich qualifizierten Fach- und Führungskräfte bei den privaten Jobbörsen findet". Ein Arbeitsloser berichtet als Nutzer des virtuellen Jobportals: "Die vielen schönen Treffer entpuppten sich beim ersten Telefonanruf schon als Nieten, weil die Stellen oft schon besetzt sind. Wenn das einmal passiert, geht es noch. Aber beim fünfzehnten Mal ist das schon ziemlich frustrierend".

Wettbewerb und Erfolgskontrolle ist für die staatliche Arbeitsagentur Neuland

Professor Dr. Christoph Beck von der Fachhochschule Koblenz und Autor des Buchs "Professionelles E-Recruitment" äussert sich als unabhängiger Experte: "Würde man mehr privatisieren, würde man stärker die privaten Jobbörsen einbeziehen, dann würde man sich dem Wettbewerb stellen. Dann könnte man auch beurteilen, wie leistungsfähig die eigene Bundesagentur für Arbeit und deren Virtueller Arbeitsmarkt letztlich sind. Das würde vor allem den zu vermittelnden Arbeitssuchenden zu gute kommen".

Ganz langsam setzt bei der Bundesagentur für Arbeit ein Rückbesinnungsprozess ein. Otto-Werner Schade von der Arbeitsagentur Rheinland Pfalz gesteht: "Wir nehmen die sachliche Kritik sehr ernst und werden eine Abschlankung oder Abspeckung des Virtuellen Arbeitsmarktes vornehmen müssen, damit er die Funktionen erfüllen kann, die wir erwarten".

Schmerzgrenze weit überschritten - Der VAM wird noch teurer

Und schon kommen weitere Einzelheit ans Tageslicht - die von BA-Vorstand gemeldete Höchstmarke von 165 Millionen Euro für das Projekt "Virtueller Arbeitsmarkt" ändert sich schon wieder. Es wir noch teurer. Wie Spiegel-Online am 13.3.2004 berichtet, enthält der weitere Ausbau der Online-Jobbörse laut einem internen Sachstandsbericht des Vorstandes zahlreiche technische Risiken, die "zu weiteren Kostensteigerungen führen können". Die möglichen Mehrausgaben könnten zwar "noch nicht beziffert werden", sie seine aber in der bisherigen Kostenübersicht nicht enthalten". Zu den bislang nicht einkalkulierten Risiken zählen auch die Komplexität und Vielzahl der zu berücksichtigenden Schnittstellen".

Eine spezielle Berufsgruppe kann sich dank des Virtuellen Arbeitsmarktes allerdings nicht mehr über mangelnde Arbeit und Jobsicherheit beklagen: Wirtschaftsprüfer, Revisioren und Spezialisten im Projekt-Controlling.