Horst Will, Gründer und Senior-Partner der IFP (Institut
für Personal und Unternehmensberatung) AG Köln, betont
die mangelnde Aufmerksamkeit, die gerade seitens des
Top-Managements den Nachwuchsführungskräften gezollt
wird: „Bilanzen sind eine Sache, Kompetenzentwicklung
eine andere. Erst die letztere schafft nachhaltige
Identifikation mit dem Unternehmen“, so Will. Mit dieser
Überzeugung vertritt der Gründer der ältesten Kölner
Unternehmensberatung nicht etwa eine Einzelmeinung. Zum
ausgefeilten Recruiting mittels Assessment Center,
Workshops und Bewerbergesprächen sowie Headhunting in
Business-Netzwerken gesellt sich zunehmend auch der
interne Personalentwicklungsbereich. Letztlich bleibt es
eine Frage des Finanzhaushaltes, ob die Pirsch auf dem
freien Markt oder aber die Entwicklung von
Inhouse-Potenzial lohnen. Doch sind Personalentwickler
gerade angesichts der zunehmenden Internationalisierung
von Unternehmen mit den Bedingungen dieser Trias, also
dem freien Markt, der Abwerbung und internen
Qualifizierungsprogrammen konfrontiert: Rollentausch vom
Verwaltungsangestellten zum Strategie-Partner des
Managements hinsichtlich Lernen, Wissen und Entwicklung
von Human Capital.
Nicht zuletzt der Kunde verlangt nach qualifizierten
Betreuern, die Ansprüche an Fachkompetenz und
branchenspezifisches Know-How gehen mit dem Bedürfnis
nach kommunikativen und repräsentativen Stärken gerade
in schwachen Wirtschaftszeiten Hand in Hand. Längst
spricht man in Unternehmen nicht mehr von „Soft Skills“,
wenn es um die Ausbildung von Rhetorik und
Argumentationstechniken, Führungstechniken oder Business
Behaviour geht: Ewald Manz, Partner bei der Ray &
Berndtson Unternehmensberatung München betont, dass
diese klassischen Management-Aufgaben „eigentlich
Aufgaben eines jeden Mitarbeiters im Unternehmens seien
und dementsprechender Entwicklung und Dokumentation
bedürfen“. Die These scheint progressiv, dass
überfachliche Qualifikationen noch vor den fachlichen
rangieren und die eigentlichen Garanten hinsichtlich des
Berufseinstiegs und –aufstiegs sind. Und doch:
Personalverantwortliche sehen gerade in
Schlüsselkompetenzen eine Art Code, der gerade in Zeiten
des extremen Wandels und zunehmend neuer Berufsbilder
(wie etwa dem IT-Bereich) zu nachhaltiger
Perspektivierung des eigenen Erfolges beitrage.
Entsprechend dem Gedanken des lebenslangen Lernens
integrieren Firmenschulungen neben Technik- und Business
Process-Themen auch die Lernfelder von Führungspraxis,
Kommunikation und Teamverhalten, und gerade in
Großunternehmen sind hier Top Management und Trainee
gleichermaßen gefordert: Sensibilität für Veränderungen
(z.B. die Anforderungen durch Globalisierung),
Identifikation mit Unternehmenswerten nach Abstimmung
persönlicher mit unternehmerischer Ethik sowie das
Agieren im Sinne des Unternehmens schärfen den Gedanken
des „culture fit“, wie Ewald Manz es nennt. Fachliche
und methodische Kompetenzen haben daneben rein
strategische Bedeutung im Tagesgeschäft.
Management-Training und der Aspekt des lebenslangen
Lernens scheinen indes mit der Intensität des
unternehmerischen Alltags unvereinbar. Steter Zeitdruck
und operative Verantwortlichkeit für Mitarbeiter und
Team gehen häufig auf Kosten der Persönlichkeits- und
individuellen Weiterentwicklung. Leere Kassen in der
HR-Abteilungen schrauben das Angebot an
unternehmensinterner Weiterbildung schnell zurück.
Doch ist das Thema Kompetenzentwicklung längst nicht vom
Tisch, im Gegenteil: Nachgefragt werden oft externe
Berater und Trainer, die Lernprogramme und –maßnahmen
als einkaufbare Leistungen flexibel und
bedarfsorientiert gestalten. Nachhaltigen Erfolg
versprechen vor allem interaktive
Weiterbildungsgestaltungen durch Blended Learning: „Ein
Qualitätsmix von Präsenz- und E-Learning, angereichert
durch interaktive Lernphasen und flexible Lernzeiten,
die in den Berufsalltag integriert werden“, so Timothy
Phillips, ermöglicht gegenüber obsoleten Input-Seminaren
Lerntransfer im Praxisalltag und damit die Entwicklung
personeller und unternehmerischer Kompetenzen. Ein noch
neuer Aspekt in diesen Lernwelten ist das
Qualitätsmanagement: Welche Position verlangt nach
welcher Art der Weiterbildung? Müssen die Komponenten
der Fremdsprachenkenntnisse und Interkulturalität
gestärkt werden oder eher hinsichtlich IT und Business
Process Knowledge?
Das Common European Framework wurde als ein europaweit
gültiger Referenzrahmen für sprachliche
Handlungsfähigkeit am Arbeitsplatz von
Personalverantwortlichen unterschiedlicher Unternehmen
wie Henkel AG oder BOSCH umgesetzt. Sprach-Tests,
Evaluation und Zertifizierung orientieren sich
neuerdings nach den Kompetenzstufen der Arbeitsnehmer,
mit der die sprachlichen Anforderungen mit den
tatsächlichen Erfordernissen von individuellem
Arbeitsplatz und Position gemessen werden können. Die
Voraussetzung von „verhandlungssicherem Englisch“ kann
so hinsichtlich des Einsatzes am Telefon, in Meetings
oder Branchen differenziert werden. Inzwischen haben
auch Volkshochschulen und andere Weiterbildungsanbieter
die Parameter dieses Bewertungssystems übernommen.
Ganzheitliche Weiterentwicklung auch der anderen
Lernfelder wie Führungspotenzial, Interkulturalität,
strategischem Denken nach internationalen Standards
indes fordert auch weiterhin nach pädagogischen
Konzepten und professionellen Tools.
II. Internationale Vergleichbarkeit und
nachweisbare Bedarfsorientierung sind jedoch Aufgaben,
denen sich nicht erst Personaler stellen müssen. Mit der
Akkreditierung deutscher Hochschulen und den neuen
Abschlüssen von Bachelor und Master wächst die
Anforderung an kooperative Lernumgebungen zwischen
Wirtschaft und Wissenschaft. Globalisierung und die
sukzessive Internationalisierung gerade auf Konzernebene
schreiben in den Kernfächern deutscher Universitäten und
Fachhochschulen neuen Curricula. Pädagogische
Perspektiven müssen sich an der Konvergenz von Branchen
und Märkten, dem technologischen Wandel und
unmittelbarer Praxisnähe schärfen. Die neuen Programme
setzen auf internationale Standards, cultural & trend
awareness, Mobilität. Die drängende Herausforderung an
die zukünftige Bildungspolitik besteht nun darin, das
akademische Lehrpotenzial zur Ausbildung von „Intercultural
Human Capital“ zu befähigen – und zwar bereits während
der Hochschulausbildung.
Das genau ist Thema der bundesweiten Initiative „SQ 21 –
Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert“, einer
Kooperation zwischen der Kölner Europafachhochschule
Fresenius für Wirtschaft und Medien sowie dem Münchner
Mittelständler Rohde & Schwarz. Was genau sind
überfachliche Qualifikationen und wie werden diese an
Hochschulen ausgebildet? Über welche
Schlüsselqualifikationen sollen nach Meinung der
Studierenden potenzielle Bewerber beim Jobeinstieg
verfügen und welchen Stellenwert genießen sie bei den
Personalern wirklich?
Diese Fragen hilft die Online-Befragungsaktion von SQ21
klären. Wenn Ende Januar 2005 die Ergebnisse seitens der
Studierenden, der Hochschulleiter sowie
Personalverantwortlichen der deutschen Mittel- und
Großunternehmen vorliegen, werden die Initiatoren Dr.
Johanna Dahm und Florian Gayk eine umfassende Studie zu
derzeitigen Ausbildungsstandards vorlegen. Auf Basis
dieses Vergleichs unterschiedlicher Erwartungshaltungen
kann dann ein Hochschulprogramm für die Ausbildung
überfachlicher Kompetenzen entwickelt und durch
nachfolgende Seminare und Workshops in der deutschen
Hochschullandschaft implementiert werden.
Karrierecenter wie das KIQ der Universität zu Köln oder
auch Vorlesungsreihen zu Schlüsselqualifikationen oder
interkulturellem Management wie an der Fresenius
Fachhochschule in Idstein sind zwar immer häufiger an
Hochschulstandorten anzutreffen, doch mangelt es bislang
an Programmen, die dem direkten Praxistransfer und der
(inter-) nationalen Standardisierung Rechnung tragen.
Spätestens durch die Initiative SQ21 ist es gelungen,
auf dieses Manko bundesweit aufmerksam zu machen.
Wesentlichen Wert legen die Initiatoren dabei auf den
genuinen Charakter der Initiative: Die Anbindung von
Wissenschaft und Wirtschaft garantiert die Kooperation
von Hochschule und Unternehmen, die Einbindung der
Studentischen Initiativen trägt dem Aspekt der
Kompetenzentwicklung Rechnung, die Durchführung der
Befragung an ausnahmslos allen deutschen Hochschulen
garantiert Chancengleichheit auch hinsichtlich der
Abschlussmodalitäten. Selbst die zur Teilnahme
motivierenden Gewinnaktionen garantieren Nachhaltigkeit:
Verlost werden u.a. Blended Learning Trainings und
Fachbücher zum Thema Schlüsselkompetenzen. Aber auch
direkte Maßnahmen wie Schlüsselkompetenzen schulende
Bewerbungstrainings an der Europahochschule Fresenius in
Köln stehen auf dem Projektplan von SQ21.
III. Studieren nach Neigung ist zur Seltenheit geworden.
Wachsende Arbeitslosigkeit, der sukzessiv schwierigere
Jobeinstieg und der Druck durch Studiengebühren lasten
auf der Studentenschaft, die mit Motivation und
Eigenverantwortlichkeit reagiert: Studentisch
organisierte branchen- und fächerspezifische Angebote
wie der Medienhochschulkompass oder andere
Online-Studienführer bieten zumindest Orientierung bei
der Suche nach dem richtigen Studienplatz. Planspiele
und Unternehmensgründungen wie die Campus Event GmbH
geben Studierenden und Absolventen Gelegenheit, eigene
Kompetenzen unter Beweis zu stellen. Dieses
überfachliche Engagement als Zeichen von
Selbstsicherheit, Talententwicklung, Trendbewusstsein
und Kreativität stößt nach dem Examen auf unmittelbare
Resonanz und wird auch von Personalern honoriert. Vor
allem die eigenverantwortliche Kompetenzentwicklung
sowie der Wille, eigene Ziele zu erkennen, neue Werte zu
finden und auch gegen Fremdeinflüsse zu verfolgen,
signalisieren dem Personalberater Ewald Manz die
wesentliche Charakteristika eines „Leaders“.
Leadership Development beginnt folglich an der Schwelle
von Hochschulen zum Berufseinstieg als ein Dauerthema in
sachen Kompetenzentwicklung, derer sich idealiter alle
Beteiligten annehmen: Zukünftige Kandidaten, ausbildende
Hochschullehrende und die Unternehmen.
Links:
www.ifp-online.de
http://www.rayberndtson.com/
www.sq21.de
www.fhwm.de
www.fh-fresenius.de
www.phillips-learning.com
www.medienhochschulkompass.de
http://www.fhwm-inside.de/campusevent.htm
zum Common European Framework:
http://www.culture2.coe.int/portfolio/documents/0521803136txt.pdf
Die Autorin:
Dr. Johanna Dahm, Partner der Phillips Learning GmbH und
Dozentin an der Europafachhochschule Fresenius für
Wirtschaft und Medien, ist Initiatorin der Aktion SQ21.
Als Beraterin beschäftigt sie sich v.a. mit Themen von
Change und Interkulturellem Management. Derzeit arbeitet
sie an einem internationalen Großprojekt zum Thema
Kompetenzentwicklung.
Im März 2005 erscheint ihre Publikation
„Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert. Ein
Leitfaden für Studierende“ im VolkVerlag München.
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